Im Bereich des Kaufrechts für digitale Inhalte bzw. Waren mit integrierten digitalen Elementen ergibt sich Handlungsbedarf für die EU-Mitgliedstaaten: Am 20.5.2019 waren durch die EU die Richtlinien über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und Dienstleistungen (Richtlinie 2019/770: "Digitale-Inhalte-Richtlinie") sowie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs (Richtlinie 2019/771: "Warenkauf-Richtlinie") verabschiedet worden. Der Gedanke eines EU-weit einheitlichen Kaufrechts geht bereits viele Jahre zurück, so ist hier sicherlich die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie aus dem Jahr 1999 als Meilenstein zu sehen, in der Folge gelang jedoch wenig mehr als eine Einigung für bestimmte Arten von Kaufverträgen, vornehmlich, und wie auch geschehen, mit digitalem und Fernabsatz-Bezug. Wenn auch die beiden Richtlinien keinem ganzheitlichen Anspruch an eine europaweite Vereinheitlichung des Kaufrechts genügen können, enthalten diese doch gerade im Bereich des Digitalisierungsbezugs wichtige Neuregelungen.
Die Umsetzungsfrist der vorgenannten Richtlinien läuft zum 1.7.2021 aus, weshalb hier die wesentlichen Inhalte der Richtlinien noch einmal beleuchtet werden sollen. Diese dienen im Wesentlichen der Harmonisierung von Rechtsvorschriften im Bereich der Gewährleistung für Kaufverträge über Waren und digitale Inhalte oder Dienste.
Die wesentlichen Punkte der Neuregelungen und ihre Implikationen insb. auf das deutsche Kaufrecht stellen sich wie folgt überblicksmäßig dar:
Einheitliches System der Gewährleistungsrechte: Die Richtlinien führen nunmehr europaweit das im deutschen Recht bereits etablierte System der zweistufigen Gewährleistung ein. In einem ersten Schritt erhält der Verkäufer nun das Recht zur Nacherfüllung, schlägt diese fehl, stehen dem Käufer die aus dem deutschen § 437 BGB bereits bekannten Rechte auf Minderung, Rücktritt und Schadenersatz zu. Stellt diese Regelung für die deutsche Rechtsordnung keine wesentliche Neuerung dar, so ist sie dies durchaus für andere EU-Länder.
Vereinheitlichung des Gewährleistungszeitraums: Zudem geregelt wird nun i.R.d. Richtlinien eine europaweit einheitliche Gewährleistungsfrist von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung der Waren, wobei im Falle der fortlaufenden Bereitstellung über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren eine Haftung für jede Vertragswidrigkeit des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung innerhalb dieses Zwei-Jahres-Zeitraums besteht. Unbenommen bleibt den Mitgliedstaaten, auch längere Gewährleistungsfristen gesetzlich zu verankern. Die vorgenannte Regelung gilt für neue Waren, für gebrauchte Waren soll die Gewährleistungsfrist nun mindestens ein Jahr betragen. Auch diese Regelungen sind im deutschen Recht bereits weitgehend bekannt. Neu bzw. zuvor nicht geregelt ist, dass sich die Gewährleistung bei digitalen Dienstleistungen über die gesamte Vertragsdauer erstreckt. Ebenfalls neu ist, dass die Frist, die bislang für den Verbrauchsgüterkauf in § 477 BGB für die Beweislastumkehr vorgesehen ist, richtlinienkonform nun auf ein Jahr zu verlängern sein wird.
Die vorgenannten Regelungen zum Gewährleistungssystem werden durch die Richtlinie nun auch für rein digitale Produkte, Inhalte und Dienstleistungen festgelegt. Dazu zählen z.B. Cloud-Dienste. Neben dem oben beschriebenen zweistufigen Gewährleistungssystem und einer Mindestgewährleistungsfrist von zwei Jahren sieht Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie RL 2019/770: "Warenkauf-Richtlinie" vor, dass im Falle eines Rücktritts bzw. einer Minderung der Kaufpreis innerhalb von 14 Tagen zurückzuzahlen ist sowie personenbezogene Daten des Verbrauchers gelöscht werden müssen.
Update-Verpflichtung und Gewährleistung bei digitalen Diensten: Vollständig neu geregelt wird der Bereich der Update-Pflicht für digitale Produkte bzw. Dienstleistungen. Ähnlich wie bei reinen Softwareanbietern ist der Verkäufer hier verpflichtet, Updates zur Verfügung zu stellen, die die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Geräts sicherstellen. Der Zeitraum, über den eine solche Update-Pflicht besteht, richtet sich nach der üblichen Gebrauchsdauer des Geräts. Wichtig ist, dass nicht nur rein digitale Dienstleistungen unter diese Verpflichtung fallen, sondern eben auch Waren mit digitalen Elementen (wie z.B. Smart Home-Gegenstände, Kühlschränke etc.). Sofern es sich bei der Lieferung digitaler Dienstleistungen um eine Dauerleistung handelt (z.B. Streamingdienst) stehen dem Nutzer Gewährleistungsrechte über die gesamte Dauer des Vertragsverhältnisses zu.
Auswirkungen für die Praxis: Bei der "Digitale-Inhalte-Richtlinie" sowie der "Warenkauf-Richtlinie" handelt es sich augenscheinlich und ihrer Zielsetzung nach in erster Linie um Instrumente des Verbraucherschutzes. Zugleich hinterlassen sie im B2B-Bereich damit trotz oftmals vergleichbarer Interessenlage Regelungslücken. Doch auch im Bereich des Verbraucherrechts stellt die Richtlinie aufgrund der Ausklammerung bestimmter digitaler Inhalte (z....