Bei sog. Inbox-Werbung handelt es sich um automatisierte Werbeeinblendungen auf bestimmten, dafür vorgesehenen Flächen in der E-Mail-Inbox des kostenlosen Web-Accounts (Posteingang) eines Nutzers. Diese Art der Werbung hat den BGH (Urt. v. 30.1.2022 – I ZR 25/19 – Inbox-Werbung II) und den EuGH (Urt. v. 25.11.2021 – C-102/20) beschäftigt.
Die Parteien des Verfahrens waren Mitbewerber auf dem Gebiet der Belieferung von Endkunden mit Strom. Die Streithelferin der Beklagten war eine Werbeagentur. Die Beklagte hatte die Streithelferin beauftragt, Werbeeinblendungen in E-Mail-Postfächern von Nutzern des kostenlosen E-Mail-Dienstes „T-O” zu schalten. Die Schaltung der Werbung wurde in der Form umgesetzt, dass im privaten Postfach eines Nutzers des kostenlosen E-Mail-Dienstes (hier in dessen Web-Account), d.h., in dem Bereich, in dem die eingegangenen E-Mail-Nachrichten listenförmig angezeigt werden, die nachfolgend eingeblendete Werbung „eingebettet” wird und mit folgendem Text erscheint: „E. mehr sparen: günstig Strom und Gas. Jetzt top E. – Preise mit attraktivem Bonus sichern! Mehr erfahren auf E. de”. Eingebettet bedeutet hierbei, dass diese Werbung zwischen den listenartig angeordneten E-Mail-Nachrichten, die der Nutzer erhalten hatte, eingefügt wurde. Diese Werbe-Nachricht war daher Teil der aufgeführten Nachrichten im Posteingangsbereich (Inbox) des Nutzers.
Die Klägerin beurteilte diese Form der Werbung als wettbewerbswidrig unter den Gesichtspunkten der unzumutbaren Belästigung (§ 7 UWG) und der Irreführung (§ 5 UWG). Das LG Nürnberg/Fürth (Urt. v. 22.3.2018 – 3 HKO 4495/17) hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Werbung über den E-Mail-Account "T-O ... .de"" zu betreiben im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Strom an Letztverbraucher, wenn dies geschieht wie dies in der Einblendung wiedergegeben ist"”. Auf die Berufung der Beklagten hin hat das Berufungsgericht das Urteil des LG Nürnberg-Fürth abgeändert, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen (OLG Nürnberg, Urt. v. 15.1.2019 – 3 U 724/18).
Der BGH (Beschl. v. 30.1.2020 – I ZR 25/19) hatte dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG sowie der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH (Urt. v. 25.11.2021 – C-102/20) hat diese Fragen wie Folgt beantwortet:
Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.7.2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 geänderten Fassung sei dahin auszulegen, dass die Einblendung von Werbenachrichten in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes in einer Form, die der einer tatsächlichen EâEUR‘Mail ähnlich ist, und an derselben Stelle wie eine solche E-Mail, eine "Verwendung ... elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung" im Sinne dieser Bestimmung darstellt, ohne dass die Bestimmung der Empfänger dieser Nachrichten nach dem Zufallsprinzip oder die Belastung, die dem Nutzer auferlegt wird, insoweit von Bedeutung sind, da diese Verwendung nur unter der Voraussetzung gestattet ist, dass der Nutzer klar und präzise über die Modalitäten der Verbreitung solcher Werbung, namentlich in der Liste der empfangenen privaten EâEUR‘Mails, informiert wurde und seine Einwilligung, solche Werbenachrichten zu erhalten, für den konkreten Fall und in voller Kenntnis der Sachlage bekundet hat.
Anhang I Nr. 26 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.5.2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist nach Ansicht des EuGH dahin auszulegen ist, dass ein Vorgehen, das darin besteht, in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes Werbenachrichten in einer Form, die der einer tatsächlichen E-Mail ähnlich ist, und an derselben Stelle wie eine solche E-Mail einzublenden, unter den Begriff des "hartnäckigen und unerwünschten Ansprechens" der Nutzer von E-Mail-Diensten im Sinne dieser Bestimmung fällt, wenn die Einblendung dieser Werbenachrichten zum einen so häufig und regelmäßig war, dass sie als "hartnäckiges Ansprechen" eingestuft werden kann, und zum anderen bei Fehlen einer von diesem Nutzer vor der Einblendung erteilten Einwilligung als "unerwünschtes Ansprechen" eingestuft werden kann.
Auf dieser Basis hat der BGH (Urt. v. 13.2.2022 – I ZR 25/19) wie folgt entschieden:
Zitat
„Eine wirksame Einwilligung in eine Inbox-Werbung (automa...