Der Vollstreckungsschuldner, der gegen einer dem Vollstreckungsgläubiger erteilte Vollstreckungsklausel vorgehen möchte, hat die Möglichkeit, eine Erinnerung gegen die Erteilung der Klausel gem. § 732 ZPO oder eine sog. Klauselgegenklage gem. § 768 ZPO einzulegen.
1. Voraussetzungen der Erinnerung gegen die Klauselerteilung (§ 732 ZPO)
Durch die Erinnerung nach § 732 ZPO kann eine formelle Überprüfung aller Klauseln, sprich der einfachen und besonderen Klauseln erreicht werden. Die Erinnerung ist statthaft, wenn eine Klausel erteilt und diese noch nicht durch Urteil aufgehoben wurde (Müko-ZPO/Wolfsteiner, a.a.O., § 732 ZPO Rn 7 auch mit Nachweisen zur Gegenauffassung). Der Aufhebung ist die Rückgabe der vollstreckbaren Ausfertigung durch den Vollstreckungsgläubiger gleichzustellen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 6.12.2002 – 16 W 12/02, OLGR 2003, 92). Nur der Vollstreckungsschuldner kann die Erinnerung einlegen, Dritten steht diese kategorisch nicht zu und diese ist nach vorzugswürdiger Auffassung nicht fristgebunden (Müko-ZPO/Wolfsteiner, a.a.O., § 732 ZPO Rn 8 m.w.N.). Ausschließlich zuständig ist das Gericht, dessen Urkundsbeamter oder Rechtspfleger die Vollstreckungsklausel faktisch erteilt hat, was selbst dann gilt, wenn deren Unzuständigkeit gerügt wird (Müko-ZPO/Wolfsteiner, a.a.O., § 732 ZPO Rn 10). Der betreffende Urkundsbeamte oder Rechtspfleger kann nach h.M. der Erinnerung abhelfen (§ 572 Abs. 1 ZPO analog; Musielak/Voit/Lackmann, a.a.O., Rn 19, § 732 ZPO Rn 9; a.A. Müko-ZPO/Wolfsteiner, a.a.O., § 732 ZPO Rn 12). Erfolgt keine Abhilfe, entscheidet der zuständige Richter, wobei dem Vollstreckungsgläubiger für der Beschlussentscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen ist (Musielak/Voit/Lackmann, a.a.O., Rn 19, § 732 ZPO Rn 9).
Beispiel:
Als Beispiele möglicher Rügen können genannt werden:
- Die Unzuständigkeit der klauselerteilenden Stelle,
- das Fehlen eines wirksamen Vollstreckungstitels oder
- bei qualifizierten Vollstreckungsklauseln nach §§ 726 ff. ZPO der fehlende urkundliche Nachweis der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen.
2. Voraussetzungen der sog. Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)
Die Klauselgegenklage richtet sich gegen eine erteilte qualifizierte Vollstreckungsklausel nach den §§ 726 ff. ZPO und ist darauf gerichtet, dass einer oder mehrere der tatbestandlichen, materiellen Voraussetzungen (z.B. Bedingungseintritt bei § 726 Abs. 1 ZPO oder die Rechtsnachfolge nach § 727 ZPO) nicht gegeben sind. Gläubiger kann allein der jeweilige Vollstreckungsschuldner und nicht Dritte sein. Dogmatisch stellt § 768 ZPO zugunsten des Vollstreckungsschuldners das Gegenstück zur Klauselerteilungsklage nach § 731 ZPO dar (Musielak/Voit/Lackmann, a.a.O., Rn 19, § 768 ZPO Rn 1).
a) |
Die Klage ist zulässig, wenn sie beim ausschließlich zuständigen Prozessgericht des ersten Rechtszugs eingereicht wird (§§ 768, 767 Abs. 1 ZPO). Das Rechtsschutzbedürfnis liegt regelmäßig schon mit der Existenz der Vollstreckungsklausel vor und nicht erst, wenn eine Vollstreckung droht (Müko-ZPO/Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 768 ZPO Rn 7 m.w.N.). Es entfällt, wenn die Vollstreckung aus dem Titel vollständig beendet ist. Nach vorzugswürdiger Auffassung schließt eine nach § 732 ZPO ergangene Entscheidung Einwendungen, die nachfolgend im Rahmen der Klauselgegenklage geltend gemacht werden, niemals aus (BGH, Beschl. v. 16.7.1961 – AnwZ (B) 9/62, VerwRspr 1963, 520; Müko-ZPO/Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 768 ZPO Rn 7; a.A. Musielak/Voit/Lackmann, a.a.O., Rn 19, § 768 ZPO Rn 3). |
b) |
Die Klage ist begründet, wenn die in den jeweils relevanten Vorschriften genannten, materiellen Voraussetzungen für die Erteilung einer qualifizierten Klausel im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fehlen (Musielak/Voit/Lackmann, a.a.O., Rn 19, § 768 ZPO Rn 6; Müko-ZPO/Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 768 ZPO Rn 9 m.w.N. auch zur Gegenauffassung). Es kann also eine Klage abgewiesen werden, die bei Klageeinreichung aufgrund ungerechtfertigter Titelumschreibung begründet war, jedoch aufgrund neuer Tatsachen (z.B. Erbfall) sich nachträglich als gerechtfertigt herausstellt (Zöller/Herget, a.a.O., § 768 ZPO Rn 2). Die Geltendmachung ist nur nach § 767 Abs. 3 ZPO beschränkt, nicht zusätzlich nach § 767 Abs. 2 ZPO, da § 768 ZPO hierauf keinen Bezug nimmt und daher unanwendbar ist (Müko-ZPO/Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 768 ZPO Rn 8 m.w.N.). Die Beweislast für die die Einwendungen begründenden Tatsachen trägt nach umstrittener Auffassung der klagende Titelschuldner (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 1.8.2003 – 5 WF 88/03, NJW-RR 2004, 154; Müko-ZPO/Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 768 ZPO Rn 10; a.A. OLG Köln, Urt. v. 9.6.1993 – 13 U 25/93, NJW-RR 1994, 893). Durch die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung, den Titelschuldner bei Vorliegen der formellen Titelvoraussetzungen auf den Klageweg durch § 768 ZPO zu verweisen, findet eine Beweislastumkehr kraft Gesetzes ein (ebenso Müko-ZPO/Schmidt/Brinkmann, a.a.O., § 768 ZPO Rn 10 m.w.N.). |
3. Abgrenzung der Klauselgegenklage von der Klauselerinnerung
Die für die Praxis enorm wichtige Abgrenzung der zuletzt behandelten Rechtsbehelfe kann wie nachfolgend, tabellarisch vorgenommen werden: