Mangels gesetzlich geregelter Anspruchsgrundlage ist auf die arbeitsvertragliche Pflichtverletzung gem. §§ 241, 278 BGB, § 15 Abs. 1, 2 AGG, § 5 ArbSchG, deliktische Haftung gem. §§ 823, 826, 831 BGB und Unterlassung nach § 1004 BGB zurückzugreifen. Sie richtet sich gegen den mobbenden Kollegen oder Vorgesetzten. Bei Letzterem ist zu unterscheiden zwischen eigener und fremder, zurechenbarer Handlung eines Dritten. Beide Ansprüche können kumulativ vorliegen. In diesem Fall sind beide Gegner in die Klage aufzunehmen, auch um die gegenseitige Zeugenstellung zu verhindern.
a) Deliktische Ansprüche (§§ 823, 1004 BGB)
Die deliktischen Ansprüche können isoliert (Unterlassung/Widerruf) oder gemeinsam mit Schadenersatz geltend gemacht werden. Voraussetzung ist die vom Gemobbten nachzuweisende Kausalität zwischen Mobbinghandlung und schuldhafter Schadensverursachung. Der Schadenersatz wegen Vermögensschäden umfasst i.V.m. § 249 BGB die Lohndifferenz zum Krankengeld, die Behandlungskosten auch im Falle der Abtretung an die Krankenkasse sowie weitere wirtschaftliche Schäden bzw. Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten, Zuzahlungen etc.) aufgrund verursachter Krankheit.
Nicht erstattungsfähig ist jedoch der Verdienstausfall nach einer Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer (BAG, Urt. v. 18.1.2007 – 8 AZR 234/06).
Die Gesundheitsschädigung als immaterieller Schaden richtet sich nach § 253 BGB auf Schmerzensgeld unter Zugrundelegung der einschlägigen Tabellen.
b) Persönlichkeitsrechtsverletzung
Bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung (Art. 1, 2 GG) steht dem Gemobbten ein Entschädigungsanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Vor Annahme derselben ist jedoch eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, da nur ein schwerwiegender (auch einmaliger) Eingriff entschädigungspflichtig ist. Der daraus folgende immaterielle Schaden ist jedoch nur dann nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG erstattungsfähig, wenn er nicht in anderer Weise befriedigt werden kann (BAG, Urt. v. 15.9.2016 – 8 AZR 351/15). Die Höhe bemisst sich nicht direkt nach § 253 BGB, da diese Norm das Persönlichkeitsrecht nicht umfasst. Die Höhe richtet sich nach der Interessenabwägung im Einzelfall, orientiert an den einschlägigen Schmerzensgeldbeträgen.
c) Ansprüche gegen Arbeitgeber
Ansprüche können sich gegen den Arbeitgeber richten, zwar nicht aus eigener Mobbinghandlung, aber zurechenbarer Fürsorgepflichtverletzung. Zum einen muss er sich das schuldhafte Mobbingverhalten eines anderen Arbeitnehmers zurechnen lassen, wenn zwischen Mobbingtatbestand und der dem anderen Arbeitnehmer zugewiesenen Arbeit ein innerer sachlicher Zusammenhang besteht. Der andere Arbeitnehmer wirkt wie ein Erfüllungsgehilfe (BAG, Urt. v. 28.4.2011 – 8 AZR 769/09). Zum anderen muss der Arbeitgeber sich eigene Versäumnisse bei Vermeidung/Unterbindung von Mobbing als vertragliche Fürsorgepflichtverletzung zurechnen lassen. Daher ist ihm Beachtung bei aufkommenden Verdachtsmomenten und die akribische Dokumentation seiner Bemühungen anzuraten.
d) Diskriminierung
Ist das zurechenbare Verhalten eine Diskriminierung i.S.d. § 1 AGG, ergibt sich die Rechtsfolge ebenso schon aus einem einmaligen Verstoß im Gegensatz zum klassischen Mobbingtatbestand. Es greift zugunsten des geschädigten Arbeitnehmers die Beweiserleichterung nach § 22 AGG ein. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer Schadenersatz wegen Vermögensschäden bzw. Gesundheitsschäden nach § 15 Abs. 1, 2 AGG, ggf. i.V.m. § 278 BGB verlangen.
e) Ansprüche neben Schadenersatz
Unabhängig vom Schadenersatzanspruch hat der Gemobbte gem. §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 12 Abs. 3 AGG analog Ansprüche auf Einleitung arbeitsrechtlicher Maßnahmen gegen den Mobbenden. Davon umfasst sind sämtliche arbeitgeberseitigen Maßnahmen, die geeignet, erforderlich und angemessen dem Ziel der Unterbindung dienen (z.B. Abmahnung, Arbeitsplatzumsetzung oder Kündigung). Die Wahl des Mittels steht in seinem einzelfallausgerichtetem Ermessensspielraum. Die ergriffene Maßnahme muss verhältnismäßig und ihm zumutbar sein. Lediglich in Ausnahmefällen kann die Ermessensreduzierung auf Null zu einer bestimmten Maßnahme eintreten. Verlangt der Gemobbte statt vorstehender Konsequenzen die eigene Versetzung, obliegt dem Arbeitgeber die Freimachung eines geeigneten Arbeitsplatzes, ggf. gem. § 164 Abs. 4 SGB IX. Dabei steht dem Arbeitgeber wiederum ein Ermessensspielraum einer ihm zumutbaren, verhältnismäßigen Versetzung unter gegenseitiger Interessenabwägung zu.
f) Prozessuale Möglichkeiten
Die Wahl der prozessualen Mittel richtet sich nach dem Beklagten und der Zielstellung.
Gegen den Mobbenden kann die Klage isoliert oder kumulativ erhoben werden mit:
- Unterlassungs- und Beseitigungsanträgen,
- Zahlungsanträgen wegen Schadenersatz/Schmerzensgeld,
- Feststellungsantrag auf zukünftige Schäden.
Gegen den Arbeitgeber eröffnen sich isoliert oder kumulativ Klagen mit:
- Zahlungsanträgen auf Schadenersatz/Schmerzensgeld,
- Feststellungsantrag für zukünftige Schäden,
- Verpflichtungs- und Beschäftigungsanträgen auf Einleitung konkret zu bezeichnender Maßnahmen; bei mehreren ggf. mit Hilfsanträgen.