1. Molekularbiologische Untersuchungen
Änderungen im Überblick:
- Norm: § 81e Abs. 1 StPO
- Sachlicher Geltungsbereich: Spurenmaterial/Material
- Verteidigerstrategie: Beweisverwertungsverbot wg. Einwilligungs-/Richtervorbehalt?
§ 81e Abs. 1 StPO ist neu gefasst/präzisiert worden (zur bisherigen Fassung Burhoff, EV, Rn 1304 ff. m.w.N.). Bislang war die Zulässigkeit einer molekulargenetischen Untersuchung mit der Formulierung umschrieben worden, dass festgestellt werden solle, das aufgefundene Spurenmaterial stamme vom Beschuldigten oder dem Verletzten. In der Praxis hat es immer wieder Zweifel gegeben, was konkret unter dem in § 81e StPO a.F. verwendeten Begriff "Spurenmaterial" zu verstehen ist und wann Untersuchungen nach § 81e Abs. 2 StPO a.F. oder aber nach § 81e Abs. 1 StPO a.F. durchgeführt werden dürfen. Daher ist der Begriff "Spurenmaterial" durch den Begriff "Material", der auch in § 81e Abs. 1 S. 1 StPO verwendet wird, ersetzt worden. Es ist zudem klargestellt worden, dass die molekulargenetische Untersuchung die Erstellung eines DNA-Identifizierungsmusters sowie die Bestimmung der Abstammung und des Geschlechts umfasst. Die weitere (aufgenommene) Voraussetzung, wonach die Untersuchung nur dann erfolgen darf, wenn sie zur Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn 1306), war bislang im Gesetzestext nicht ausdrücklich erwähnt. Das ist ergänzt worden. Der frühere § 81e Abs. 1 S. 2 StPO, der auf § 81c StPO und das bei der Untersuchung anderer Personen gewonnene Material verwiesen hat, ist in den neuen (alleinigen) Satz 1 aufgenommen worden.
2. Reihenuntersuchungen
Änderungen im Überblick:
- Norm: § 81h StPO
- Sachlicher Geltungsbereich: Verwertung von DNA-Identifizierungsmuster zulasten naher Verwandter
- Verteidigerstrategie: Schriftliche Belehrung erfolgt?
Die Änderungen in § 81h StPO – Stichwort: sog. DNA-Reihenuntersuchung (vgl. dazu Burhoff, EV, Rn 1291 ff., 1318 ff.) sollen sicherstellen, dass aus dem Abgleich der DNA-Identifizierungsmuster künftig auch solche Erkenntnisse zur Erforschung des Sachverhalts verwertet werden dürfen, die auf ein nahes Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Spurenverursacher und dem Probengeber hindeuten (BT-Drucks 18/11277, S. 20). Diese Änderungen waren erforderlich aufgrund der einschränkenden Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHSt 58, 84 ff.) zum sog. Beinahetreffer.
Um die gewünschte Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift sicherzustellen und rechtlich abzusichern, dass zukünftig Beinahetreffer (auch) zur Ermittlung des (unbekannten) Täters genutzt werden dürfen, ist in § 81h Abs. 1 StPO daher die Zweckbestimmung einer DNA-Reihenuntersuchung dahingehend erweitert worden, dass das DNA-Identifizierungsmuster der Probanden verwendet werden darf, um festzustellen, ob das Spurenmaterial von ihnen selbst oder eben von mit ihnen nah verwandten Personen stammt.
Hinweis:
Treffer dürfen danach jetzt verwendet werden:
- zu Lasten Verwandter in gerader Linie (§ 1589 S. 1 BGB), also Eltern, Kinder, Großeltern, Enkel, Urgroßeltern, Urenkel und
- zu Lasten von Verwandten in der Seitenlinie (§ 1589 S. 2 BGB), also voll- und halbbürtige Geschwister sowie Geschwisterkinder (Nichten, Neffen).
Mit dieser Erweiterung korrespondiert die Erweiterung der den Probanden betreffenden Belehrungspflicht in § 81h Abs. 4 S. 2 StPO. Auf deren Einhaltung muss der Verteidiger achten.
3. Quellen-TKÜ/Staatstrojaner
Viel Aufsehen, vor allem auch wegen des "eiligen Gesetzgebungsverfahrens" hat die Neuregelung von heimlichen Überwachungsmaßnahmen in § 100a Abs. 1 S. 2, 3 StPO erregt (vgl. dazu Rubbert Editorial StV 8/2017; Burhoff, StPO 2017, Rn 45 f.). Erlaubt ist nach der Neuregelung nämlich jetzt die sog. Quellen-TKÜ und (sogar) der Einsatz von Staatstrojanern zur Überwachung und Aufzeichnung von Telekommunikation. Diese Regelungen sind verfassungsrechtlich höchst bedenklich (vgl. die Stellungnahmen der Sachverständigen Buermeyer und Sinn sowie des Chaos Computer Club (alle frei abrufbar unter https://www.bundestag.de/ausschuesse18/a06/anhoerungen/stellungnahmen/508846 ). M.E. wird die Änderung/Erweiterung des § 100a StPO um die Quellen-TKÜ in dieser Form beim BVerfG keine Gnade finden. Daher soll hier vorerst darauf verzichtet werden, die Neuregelung vorzustellen (wegen der Einzelheiten s. den Überblick bei Burhoff, StPO 2017, Rn 47 ff. m.w.N.).
4. Online-Durchsuchung
Die sog. Online-Durchsuchung ist bislang auf der Grundlage der bisherigen Rechtslage als unzulässig angesehen worden (vgl. Burhoff, EV, Rn 2742 ff. m.w.N.; zur Rechtsprechung des BVerfG s. BVerfG NJW 2008, 822). Mit dem neuen § 100b Abs. 1 StPO ist nun erstmals die Online-Durchsuchung in die StPO eingeführt worden. Grund ist auch hier die weite Verbreitung informationstechnischer Systeme, die bei d...