1. Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach einmaliger Trunkenheitsfahrt
Nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StVG müssen Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Die Eignung besitzt nach § 2 Abs. 4 S. 1 StVG sowie § 11 Abs. 1 S. 1, 3 FeV, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – vorliegt, wodurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 S. 2 FeV). § 13 FeV konkretisiert die Fälle, in denen die Fahrerlaubnisbehörde im Zusammenhang mit einer Alkoholproblematik die Fahreignung durch ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachten zu klären hat. Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV ist die Eignung bei Alkoholmissbrauch ausgeschlossen; er liegt vor, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann. Gemäß Nr. 8.2 dieser Anlage kann von einer Eignung erst dann wieder ausgegangen werden, wenn der Missbrauch beendet und die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung gelten die Vorschriften für die Ersterteilung (§ 20 Abs. 1 S. 1 FeV).
Während bei den Instanzgerichten und der Kommentierung durchaus die Auffassung vertreten wird, nach einer strafgerichtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), die auf einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss beruhe, sei im Wiedererteilungsverfahren unabhängig von der Blutalkoholkonzentration die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen (z.B. VGH Mannheim VBIBW 2013, 19; zfs 2015, 539; VBIBW 2014, 348; diesem folgend auch OVG Greifswald VRS 127, 269 = juris Rn 14 ff.; zustimmend Rebler, in: Müller/Rebler, Die Klärung von Eignungszweifeln im Fahrerlaubnisrecht, 2. Aufl. 2017, S. 159; offen lassend OVG Münster DAR 2015, 606 = juris Rn 10 sowie OVG Berlin-Brandenburg VerkMitt 2015 Nr. 55 = juris Rn 4; ablehnend VG Würzburg DAR 2014, 541; VG Regensburg DAR 2015, 40; VG München DAR 2015, 154; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 13 FeV Rn 26b; Koehl DAR 2016, 47; Mahlberg DAR 2014, 419 u. 603; Zwerger DAR 2015, 157; krit. auch Dronkovic/Kalus DAR 2016, 191), hält das BVerwG in seinem Urteil vom 6.4.2017 (3 C 24.15, ZAP EN-Nr. 502/2017 = DAR 2017, 282 f.) diese Auffassung mit § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. Buchst. a bis c FeV für nicht vereinbar. Habe die Blutalkoholkonzentration unter 1,6 ‰ gelegen, so bedürfe es bei einer einmalig gebliebenen Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss zusätzlicher Tatsachen, die die Annahme von Alkoholmissbrauch begründeten. Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht genüge für sich gesehen nicht.
Zur Begründung führt das BVerwG aus, der Verordnungsgeber habe einen Rahmen geschaffen, bei dessen Ausfüllung auch die jeweils anderen Tatbestände und die ihnen zugrunde liegenden Wertungen zu berücksichtigen seien. Das gelte namentlich für die Tatbestände des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV. Habe die Blutalkoholkonzentration, mit der ein Fahrzeug geführt wurde, unter 1,6 ‰ gelegen und sei keine wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen worden, so sei nach diesen Bestimmungen die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht ohne Weiteres gerechtfertigt. Diese Grundentscheidung des Verordnungsgebers sei nicht anders als im Rahmen eines Regelbeispielskatalogs bei der Auslegung des Tatbestands des § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV zu beachten.
Hinweis:
Eine einmalig gebliebene Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 ‰ genügt ohne zusätzliche aussagekräftige Umstände nicht, um als sonstige Tatsache im Sinne dieses Tatbestands die Annahme von Alkoholmissbrauch zu begründen.
2. Befreiung von der Schutzhelmpflicht für Motorradfahrer
Aus dem Wortlaut von § 46 Abs. 1 S. 1 StVO ("Die Straßenverkehrsbehörden können in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller ...") ergibt sich, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung – auch nach § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 5a StVO bezogen auf das Tragen von Schutzhelmen (§ 21a Abs. 2 S. 1 StVO) – im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde liegt (vgl. dazu auch BVerwGE 104, 154, 156 f.). Nach dem Beschluss des BVerwG vom 8.2.2017 (3 B 12.16, LKV 2017, 184 f. = NJW 2017, 1691 f.) ändert sich an dieser Entscheidung des Verordnungsgebers nichts dadurch, dass der betroffene Fahrerlaubnisinhaber die in Rn 97 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung zu § 46 StVO vorgesehene ärztliche Bescheinigung beibringt. Sie diene lediglich dem Nachweis dafür, dass für den Betroffenen aus ärztlicher Sicht das Tragen eines Schutzhelmes aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei. Werde vom Betroffenen ein solcher Nachweis geführt, redu...