Die Bundesrechtsanwaltskammer und die Bundessteuerberaterkammer haben sich im August mit einem gemeinsamen Schreiben an die Abteilungsleiter der zuständigen Steuerbehörden von Bund und Ländern gewandt und darin um eine Änderung des Umsatzsteueranwendungserlasses zur Thematik "Ort der Leistung bei der Erbringung juristischer Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück" gebeten. Wenn dies nicht geschehe, so führen beide Kammern aus, drohe in den betroffenen Rechtsanwalts- und Steuerberaterpraxen ein "erheblicher Korrekturaufwand".
Hintergrund der Initiative ist eine umsatzsteuerrechtliche Änderung auf europäischer Ebene aus dem Jahr 2013, wonach juristische Dienstleistungen im Zusammenhang mit Grundstücksübertragungen sowie mit der Begründung oder Übertragung von bestimmten Rechten an Grundstücken oder dinglichen Rechten an Grundstücken als grundstücksbezogene Leistung anzusehen sind. Als Beispiele werden die Tätigkeit von Notaren sowie das Aufsetzen eines Vertrags über den Kauf/Verkauf eines Grundstücks genannt.
Hingegen sollen keine grundstücksbezogenen Leistungen vorliegen, wenn juristische Dienstleistungen erbracht werden, sofern diese nicht speziell mit der Übertragung von Rechten an Grundstücken zusammenhängen. In Kraft traten diese Änderungen im Januar 2017 und stellen seitdem in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht dar.
Die deutsche Finanzverwaltung, so beklagen beide Kammern, habe sich also vier Jahre Zeit gelassen, um sich zu diesen Neuregelungen zu äußern und dann Ende 2017 unerwartet ihre Rechtsauffassung geändert. In Abweichung zur bisherigen Verwaltungsauffassung stelle nunmehr beispielsweise eine Beratung hinsichtlich einer Steuerklausel in einem Grundstückskaufvertrag eine grundstücksbezogene Leistung dar.
Viele Rechtsanwälte und Steuerberater seien davon ausgegangen, dass die jahrelange Nichtanpassung des bisherigen Umsatzsteueranwendungserlasses eine bewusste Entscheidung der deutschen Finanzverwaltung gewesen sei und keine Änderung der Rechtsauffassung vorgelegen habe. Sie hätten also ihre juristischen Dienstleistungen, die bis Dezember 2017 erbracht worden seien, vielfach nach den Grundsätzen des alten Anwendungserlasses abgerechnet. Nun drohe ihnen ein erheblicher nachträglicher Korrekturaufwand.
Die beiden Kammern sind der Auffassung, dass die rückwirkende Anwendung der Grundsätze des neuen Anwendungserlasses die Berufsstände der Steuerberater und der Rechtsanwälte vor praktische Probleme stellt und zudem gegen Vertrauensschutzgrundsätze und gegen den Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer auf Unternehmerebene verstößt. Sie fordern deshalb eine sog. Nichtbeanstandungsregelung, wonach auf bis zum 31.12.2017 erbrachte juristische Dienstleistungen von Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe noch die bisherige Regelung aus dem früheren Umsatzsteueranwendungserlass angewendet wird.
[Quelle: BRAK]