Vom Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch Arbeitsunfälle beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit umfasst. Dabei ist nicht der Weg als solcher versichert, sondern dessen Zurücklegen, also der Vorgang des Sichfortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist. Grundsätzlich nicht versichert sind Unterbrechungen des unmittelbaren Wegs zur Erledigung von in eigenwirtschaftlichem Interesse stehenden Verrichtungen (s. hierzu bereits Sartorius ZAP F. 18, S. 1591, 1602 ff. m.w.N.).
Der Kläger verließ in dem vom BSG zu entscheidenden Fall am Unfalltag, dem 11.3.2013, sein Wohnhaus und ging zu seinem auf dem Grundstück abgestellten Pkw, um mit dem Fahrzeug zu seiner Arbeitsstätte zu fahren (BSG, Urt. v. 23.1.2018 – B 2 U 23/16 R, NJW 2018, 2149; hierzu Schlaeger jurisPR-SozR 11/2018 Anm. 6 und krit. Schneider WzS 2018, 191). Er legte seine Arbeitstasche in den Wagen, verließ anschließend das Grundstück zu Fuß und ging wenige Meter auf der öffentlichen Straße, um zu überprüfen, ob diese glatt sei. Der Deutsche Wetterdienst hatte am Vortag für den Bereich des Wohnorts des Klägers die Warnung herausgegeben, dass in der kommenden Nacht mit Glätte durch überfrierende Nässe zu rechnen sei. Während des Rückwegs zu seinem Pkw knickte der Kläger am Bordstein um, fiel auf seinen rechten Arm und erlitt dadurch Unterarmfrakturen. Das BSG bestätigte das Urteil des LSG (s. hierzu Ulmer jurisPR-SozR 11/2016 Anm. 5), das auf die Berufung der Beklagten das der Klage stattgebende Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen hatte.
Zu den in der gesetzlichen Unfallversicherung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeiten zählt das Zurücklegen des mit der Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit – mithin als Vorbereitungshandlung der eigentlichen Tätigkeit. Der Kläger hatte den an sich versicherten Weg zur Arbeitsstätte unterbrochen, als er zur Straße ging, um die Fahrbahn auf Glätte zu überprüfen. Wie sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und dem dort verwendeten Begriff "unmittelbar" ergibt, steht grundsätzlich nur das Zurücklegen des direkten Weges unter dem Schutz der Unfallversicherung. Wird dieser aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen, entfällt der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz.
Hinweis:
Unterbrechungen sind für den Versicherungsschutz unschädlich, wenn sie geringfügig sind, was der Fall ist, wenn sie nicht zu einer erheblichen Zäsur in der Fortbewegung in Richtung auf das ursprünglich geplante Ziel führen, weil sie ohne nennenswerte Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden können. Das Gericht sieht das Zurücklegen des Weges vom Grundstück des Klägers auf die Fahrbahn, die Prüfung der Fahrbahnverhältnisse und den Weg zurück nicht als solche geringfügige Handlungen an.
Die Prüfung der Fahrbahn auf Glätte ist zudem keine Vorbereitungshandlung, die in § 8 Abs. 2 SGB VII unter Versicherungsschutz gestellt ist. Eine Ausweitung des Versicherungsschutzes auf weitere Vorbereitungshandlungen kommt nach der Rechtsprechung des BSG nur dann in Betracht, wenn diese mit der eigentlich versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung so eng verbunden sind, dass sie bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden. Hierfür ist ein besonders enger sachlicher, örtlicher und zeitlicher Zusammenhang erforderlich, der die Vorbereitungshandlungen nach den gesamten Umständen bereits selbst als Bestandteil der versicherten Tätigkeit erscheinen lässt. Andere vorbereitende Maßnahmen gehören ausnahmsweise dann zur versicherten Tätigkeit, wenn solche Verrichtungen unvorhergesehen während des Zurücklegens des Weges von oder zur Arbeitsstätte erforderlich werden. So hat das Gericht Versicherungsschutz etwa angenommen bei Maßnahmen zur Behebung einer während eines versicherten Weges auftretenden Störung am benutzten Fahrzeug, beim Auftanken eines Fahrzeugs bei unvorhergesehenem Benzinmangel oder beim Beschaffen von Medikamenten, wenn dies dazu diente, trotz einer während der Dienstzeit oder auf einer Geschäftsreise plötzlich aufgetretenen Gesundheitsstörung die betriebliche Tätigkeit fortsetzen zu können. Im vorliegenden Fall verneint das BSG solche Umstände, die zu einer weiteren Ausweitung des Versicherungsschutzes führen können. Die Prüfung des Fahrbahnbelags auf Glätte wird schon deshalb nicht als unerwartet notwendig gewordene Verrichtung angesehen, weil eine mögliche Straßenglätte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht unvorhersehbar war, u.a. wegen der entsprechenden Warnung des Wetterdienstes. Ferner erfolgt der Hinweis, objektiv sei die Prüfung der Straße auf Glätte in der vorgenommenen Weise nicht erforderlich gewesen, es hätte ausgereicht, vorsichtig mit dem ...