Anfang September hat die EU-Kommission eine Studie vorgestellt, die sich mit Steuermindereinnahmen bei der Umsatzsteuer befasst (Study and Reports on the VAT Gap in the EU-28 Member States). Ihr zufolge entgingen den EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2017 Mehrwertsteuereinnahmen i.H.v. 137 Mrd. EUR. Die sog. Mehrwertsteuerlücke – d.h. die Differenz zwischen den erwarteten Mehrwertsteuereinnahmen und dem tatsächlich erhobenen Betrag – hat sich zwar im Vergleich zu den Vorjahren leicht verringert, ist jedoch nach wie vor sehr groß.
Die sog. Mehrwertsteuerlücke ist ein Indikator für die Wirksamkeit der Durchsetzungs- und Compliancemaßnahmen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, da sie als Schätzwert für Mindereinnahmen aufgrund von Steuerbetrug, -hinterziehung und -umgehung sowie von Insolvenzen, Zahlungsunfähigkeit und fehlerhaften Berechnungen dient.
Am größten war die Lücke 2017 in Rumänien; dort entgingen dem Staat 36 % der erwarteten Mehrwertsteuer. Es folgten Griechenland (34 %) und Litauen (25 %). Die geringsten Mehrwertsteuerlücken wurden in Schweden, Luxemburg und Zypern verzeichnet, wo durchschnittlich nur 1 % der Mehrwertsteuereinnahmen verloren ging. In Deutschland beträgt die Lücke 9,9 %.
In absoluten Zahlen weist Italien mit rund 33,5 Mrd. EUR die größte Lücke bei den Mehrwertsteuereinnahmen auf. Auch Deutschland liegt mit rund 25 Mrd. EUR im oberen Bereich. Zum Vergleich: In Frankreich gingen 2017 „nur” 12 Mrd. EUR verloren, in Großbritannien waren es 19 Mrd. EUR.
Nach wie vor gibt es große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. In 25 Mitgliedstaaten verkleinerte sich die Mehrwertsteuerlücke, in dreien wurde sie größer. Malta (minus 7 %), Polen (minus 6 %) und Zypern (minus 4 %) konnten ihre Mehrwertsteuerverluste besonders stark reduzieren. Sieben Mitgliedstaaten (Slowenien, Italien, Luxemburg, die Slowakei, Portugal, Tschechien und Frankreich) erzielten ebenfalls achtbare Ergebnisse und verringerten die Mehrwertsteuerlücke um mehr als 2 %. Die Mehrwertsteuerlücke vergrößerte sich erheblich in Griechenland (plus 2,6 %) und Lettland (plus 1,9 %), in Deutschland nahm sie leicht zu (plus 0,2 %).
In der gesamten EU ist die Mehrwertsteuerlücke im Jahr 2017 nominal um 8 Mrd. EUR auf 137,5 Mrd. EUR zurückgegangen; damit war der Rückgang ähnlich wie 2016 (minus 7,8 Mrd. EUR). Die Mehrwertsteuerlücke im Jahr 2017 entsprach 11,2 % der Mehrwertsteuereinnahmen in der EU, gegenüber 12,2 % im Jahr zuvor. Dieser Abwärtstrend setzt sich nun schon das fünfte Jahr in Folge fort.
Laut EU-Kommission zeigen diese Zahlen wieder einmal, wie wichtig die bereits 2017 von der EU vorgeschlagene Reform der Mehrwertsteuervorschriften, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug und die Durchsetzung der Vorschriften für legale Unternehmen und Händler sind. Der Kommissar für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll, Pierre Moscovici, erklärte dazu: "Das günstige Wirtschaftsklima und einige kurzfristige politische Lösungen, die die EU eingeführt hat, haben 2017 zur Reduzierung der Mehrwertsteuerlücke beigetragen. Um jedoch noch größere Fortschritte zu erzielen, müssen wir das Mehrwertsteuersystem umfassend reformieren, damit es weniger betrugsanfällig ist. Unsere Vorschläge zur Einführung eines endgültigen, unternehmensfreundlichen Mehrwertsteuersystems liegen nach wie vor auf dem Tisch. Die Mitgliedstaaten können es sich nicht erlauben, untätig zu bleiben, während ihnen durch Karussellbetrug und systemimmanente Unstimmigkeiten Milliarden verloren gehen."
[Quelle: EU-Kommission]