Die Vorschrift des § 118 SGB VI regelt die Fälligkeit und Auszahlung von laufenden Geldleistungen. Absatz 3 S. 2 der Norm begründet als eigenständige Verpflichtung der Bank einen Anspruch des Rentenversicherungsträgers bzw. der überweisenden Stelle auf Rücküberweisung durch das Geldinstitut, wenn Geldleistungen nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht auf ein Konto überwiesen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Erben der Zahlung zustimmen oder ob noch ein Guthaben auf dem Konto vorhanden ist. Allerdings bestimmt § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI, dass eine Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht besteht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann.
Nach § 102 Abs. 5 SGB VI wird die Rente bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind und endet danach. Der Bescheid über die Rentenbewilligung erledigt sich nach § 39 Abs. 2 SGB X mit dem Tode, er bedarf keiner Aufhebung (BSG 10.7.2012 – B 13 R 105/11 R). Zahlungen, die für die Zeit nach dem Tode des Berechtigten auf dessen Konto überwiesen wurden, gelten zudem als unter Vorbehalt erbracht (§ 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI).
Die hier darzustellende Entscheidung hatte zu klären, ob der Anspruch auf Rücküberweisung die weitere Existenz des Kontos des Rentenempfängers voraussetzt (BSG, Urt. v. 20.2.2019 – Gs 1/18, hierzu Palsherm jM 2019, 198 und Wenner SoSi plus 4/2019, 1).
Der klagende Rentenversicherungsträger verlangte im März 2010 von der beklagten Bank Rente zurück, die er auf das dort geführte Konto der Rentnerin, die bereits am 19.11.2009 verstorben war, für die Monate Dezember 2009 und Januar 2010 überwiesen hatte. Der Todesfall war der Beklagten seit dem 24. 11. 2009 bekannt. Auf den anspruchsvernichtenden Einwand nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI konnte sich die Beklagte nicht berufen, weil diese Vorschrift neben den beiden geschriebenen Tatbestandsmerkmalen als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal weiter voraussetzt, dass das Geldinstitut bei einer anderweitigen Verfügung keine Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten hatte (s. obige Entscheidung des BSG, Rn 6 m.w.N.). Diese bestand aber vorliegend bereits seit Ende November 2009. Die Beklagte hatte jedoch das Guthaben, das höher war, als der Rückzahlungsanspruch, bereits Ende Januar 2010 an die Erbinnen der Verstorbenen ausgezahlt und das Konto danach gelöscht. Entscheidungserheblich war demnach, ob hierdurch der Rücküberweisungsanspruch erloschen war.
Der im Revisionsverfahren der Parteien zuständige 5. Senat des BSG vertrat unter Hinweis auf den Wortlaut der Vorschrift des § 118 Abs. 2 S. 2 SGB VI („zurückzuüberweisen”) die Auffassung, der gegen die Bank gerichtete Anspruch setze das weitere Bestehen des Kontos des verstorbenen Rentners voraus (BSG, Vorlagebeschluss v. 17.8.2017 – B 5 R 26/14 R, zustimmend Mushoff, NZS 2018, 194). Der 13. Senat des BSG vertrat hingegen die Auffassung, die Auflösung des Kontos führe nicht zum Untergang des Anspruchs des Rentenversicherungsträgers auf Rücküberweisung und hielt auf Anfrage an dieser Auffassung fest. Demnach war die Entscheidung des beim BSG gebildeten Großen Senats einzuholen (§ 41 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 SGG).
Dieser entschied, dass der Anspruch eines Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI auf Rücküberweisung von Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten überwiesen worden sind, nicht durch die Auflösung des Kontos des Rentenversicherungsempfängers erlischt und folgt somit der Auffassung des 13. Senats. Begründet wird dies zunächst damit, der Wortlaut der Vorschrift mit dem Begriff „Rücküberweisung” setze nicht zwingend den Fortbestand des Empfängerkontos beim Geldinstitut voraus. Ferner führt er systematische Gründe für seine Auffassung an. Schließlich hebt er auf den Regelungszweck des Gesetzes ab: Der Anspruch diene dazu, nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht weiter gezahlte Geldleistungen schnell, effektiv und vollständig dem Rentenversicherungsträger zurückzuerstatten, um die Solidargemeinschaft der Versicherten vor finanziellen Verlusten zu bewahren. Dieses Ziel, eine effektive Rückführung überzahlter Leistungen zu gewähren, würde verfehlt, wenn das Geldinstitut als in § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI ausdrücklich benannter Schuldner den Anspruch des Rentenversicherungsträgers zum Erlöschen bringen könnte, indem es das Konto etwa im Auftrag des Berechtigten auflöst. Dies wäre widersprüchlich und mit § 242 BGB unvereinbar.
Hinweise:
1. Die Entscheidung des Großen Senats vereinfacht bei Überzahlungen nach dem Tod des Berechtigten die Position des Rentenversicherungsträgers, weil er sich in vielen Fällen an das Geldinstitut halten kann und den u.U. mühsameren Weg vermeidet, den Rückforderungsanspruch gegen Empfänger von Geldleistungen und darüber Verfügende nach § 118 Abs. 4 SGB VI zu verfolgen.
2. Das Urteil wird auch Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen z...