Die Rechtsprechung des BSG zur Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V – anwendbar für Anträge auf künftig zu erbringenden Leistungen ab dem 26.2.2013 – war wiederholt Gegenstand dieser Rechtsprechungsübersicht (s. ZAP F. 18, S. 1483 ff., 1597 ff., 1635 ff.). Hiernach ist unter folgenden Voraussetzungen bei Verletzung der in der Bestimmung vorgesehenen Entscheidungsfristen und Informationspflichten durch die Krankenkasse von einer Genehmigungsfiktion und hieraus folgend einem Kostenerstattungsanspruch der Versicherten (ohne Bindung an zugelassene Leistungsträger, auch bei Behandlung im Ausland), wahlweise von einem Sachleistungsanspruch auszugehen:
- Es bedarf eines ausreichend konkretisierten Leistungsantrags, der sich auf Leistungen bezieht, die der Antragsteller für erforderlich halten darf und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegen.
- Über den Antrag entscheidet die Krankenkasse nicht schriftlich bis zum Ablauf von drei Wochen (Eingang beim Antragsteller) nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang, wobei diese längere Frist nur dann eingreift, wenn die Krankenkasse den Antragsteller unverzüglich und innerhalb der dreiwöchigen Frist über die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme unterrichtet.
In zwei Entscheidungen vom 26.2.2019 hat der 1. Senat des BSG diese Rechtsprechung auf die Versorgung mit Arzneimitteln ohne Begrenzung auf einen Festbetrag erstreckt (B 1 KR 24/18 R und B 1 KR 23/18 R). Für ein Arzneimittel, für das ein Festbetrag nach § 35 SGB V festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrags. Die Kläger hatten befundgestützt beantragt, sie ohne Begrenzung auf den Festbetrag auf vertragsärztliche Verordnung mit Arzneimitteln zu versorgen, weil dies nur mit dem gewählten Medikament geschehen könne. Die Krankenkassen lehnten jeweils die Anträge ab, jedoch außerhalb der durch § 13 Abs. 3a SGB V vorgesehenen Fristenregelung.
Das BSG stellt klar, der Anspruch der Kläger bestehe, aber nicht zeitlich unbegrenzt, sondern sei von vorneherein durch verschiedene Tatbestandsvoraussetzungen, wie u.a. die vertragsärztliche Verordnung, begrenzt. Das Erfordernis vertragsärztlicher Verordnung ermöglicht dem behandelnden Vertragsarzt, das Arzneimittel bei gleichbleibender Erforderlichkeit zu verordnen, ohne deshalb einen Regress befürchten zu müssen. Es ist zugleich inhaltlich dafür offen, dass der Vertragsarzt die Verordnung pflichtgemäß verweigert, wenn z.B. die Indikation fehlt oder die Verordnung eines neu zugelassenen kostengünstigeren Festbetragsarzneimittels in Betracht kommt, welches der Versicherte zumutbar für das gleiche Therapieziel erhalten kann.
Hinweis:
Zwei weitere Entscheidungen vom gleichen Tag betrafen die Frage der Rücknahme einer fiktiven Genehmigung nach §§ 44 ff. SGB X (BSG, Urt. v. 26.2.2019 – B 1 KR 33/17 R und B 1 KR 18/18 R). In Betracht kommt vor allem ein Vorgehen nach § 45 SGB X, wonach unter den dort genannten Voraussetzungen ursprünglich rechtswidrige Verwaltungsakte zurückgenommen werden können. Der 1. Senat des BSG hält an seiner Auffassung fest, wonach es bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit lediglich auf die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V ankommt und nicht darauf, ob den Versicherten materiell die beantragte Leistung zusteht, was oft nicht der Fall sein dürfte. Anderer Auffassung ist insoweit offenbar der 3. Senat des BSG (Urt. v. 11.5.2017 – B 3 KR 30/15 R, Rn 50, hierzu Harich, juris PR-SozR 2/2018 Anm. 3), der darauf hinweist, einer (nur) fingierten Genehmigung könne keine stärkere Bestandskraft zukommen, als einer ausdrücklich mittels eines formellen Verwaltungsakts erteilten Genehmigung. Die Frage war aber dort nicht entscheidungserheblich.