Gesetzlich Rentenversicherte haben Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 9, 10, 11, 12, 16 – dort mit Verweis auf §§ 49-54 SGB IX – SGB VI. Die persönlichen Voraussetzungen haben die Versicherten erfüllt, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) und Erfolgsaussichten einer Teilhabeleistung i.S.v. Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift bestehen. Der Begriff der "geminderten Erwerbsfähigkeit" entspricht nicht dem der Erwerbsminderung i.S.v. § § 43, 240 Abs. 2 SGB VI, vielmehr ist hierunter die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit im normalen Umfang zu verstehen (s. Kasseler Kommentar/Kater, § 10 SGB VI Rn 15 m.w.N.). Auf eine etwaige Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommt es grds. nicht an.
Abzustellen ist demnach auf den zuletzt innegehabten Arbeitsplatz. In die Betrachtung können ggf. auch alle weiteren beruflichen Tätigkeiten der letzten Jahre einbezogen werden, sofern sie nicht allzu lange zurückliegen und nicht nur verhältnismäßig kurze Zeit verrichtet wurden. Feste zeitliche Grenzen hinsichtlich der Rückanknüpfung bei der Bestimmung des bisherigen Berufs bestehen nicht. So hat das BSG durch Urt. v. 12.3.2019 – B 13 R 27/17 R den Teilhabeanspruch einer 1961 geborenen Klägerin bejaht, die zunächst 1984 und 1989 als Kontoristin tätig war, dann eine Ausbildung zur Physiotherapeutin absolvierte und zwischen 1992-2003 in der Hälfte der Zeit in diesem Beruf tätig war. Anschließend war sie arbeitslos, arbeitsunfähig und geringfügig in der Gastronomie beschäftigt. Im Mai beantragte sie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und wies darauf hin, sie könne wegen ausgeprägter Gesundheitsstörungen an Händen und Knien nicht mehr als Physiotherapeutin tätig sein und sie stelle sich eine Qualifizierung zur Kauffrau im Gesundheitswesen oder in der Immobilienbranche vor. Die nach Ablehnung des Antrags erhobene Klage, die Deutsche Rentenversicherung zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, war in allen drei Instanzen erfolgreich.
Das BSG stellt bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen auf den zuletzt von der Klägerin ausgeübten Beruf als Physiotherapeutin ab. Unerheblich im Hinblick auf den Berufsbezug seien zunächst die von der Klägerin seit 2007 ausgeübten nicht versicherungspflichtigen Tätigkeiten, die immer außer Betracht zu bleiben haben (s. Rn 34 der Entscheidungsgründe). Den Umstand, dass im Falle erst lange Zeit nach der letzten tatsächlichen Ausübung des bisherigen Berufs bzw. der bisherigen Tätigkeit auftretender Krankheiten/Behinderungen auch andere Ursachen dafür infrage kommen können, dass Versicherte diesen Beruf nicht mehr ausüben können, prüft das Gericht im Rahmen der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, die voraussetzt, dass die Erwerbsfähigkeit „wegen” einer Behinderung gefährdet ist und nicht aus anderen Gründen. Maßstab der insoweit anzustellenden Kausalitätsprüfung ist auch im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung die Lehre von der wesentlich mitwirkenden Bedingung. Nach dieser sind kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Ist eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur diese als "wesentliche" Ursache im Sinne des Sozialrechts zu qualifizieren. Die andere, damit nicht wesentliche Ursache, kann zwar gleichwohl "Auslöser" für den Ursachenzusammenhang sein, jedoch ohne dass ihr insoweit rechtlich entscheidende Bedeutung zukäme. Das BSG prüft, ob überragende Ursache im vorstehenden Sinne im Kontext des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI auch der Verlust verwertbarer Fähigkeiten im bisherigen Beruf ist, sei es durch arbeitsmarktbedingte Berufs- bzw. Tätigkeitsentfremdung infolge eines grundlegenden Wandels der fachlichen Anforderungen oder durch individuelle Berufs- bzw. Tätigkeitsentfremdung aufgrund des Verlusts der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten durch langfristige Nichtausübung. Das Berufungsgericht hatte vorliegend ausdrücklich festgestellt, dass keine Anhaltspunkte für eine arbeitsmarktbedingte oder individuelle Berufsentfremdung der Klägerin bestehen. Hieran war das BSG nach § 163 SGG gebunden.