Während die Beteiligten vor dem SG und dem LSG den Rechtsstreit selber führen können (§ 73 Abs. 1 SGG), müssen sich die Beteiligten vor dem BSG, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§ 73 Abs. 4 S. 1 SGG).
Der Kläger hatte gegen ein seine Klage abweisendes LSG-Urteil wenige Tage vor Ablauf der Monatsfrist des § 160a Abs. 1 S. 2 SGG wegen Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim BSG eingelegt und gleichzeitig Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt, ohne jedoch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem vorgeschriebenen Formular einzureichen. Diese Erklärung legte er erst einen Tag nach Ablauf der Monatsfrist vor und beantragte insofern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG, weil er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, die Erklärung fristgerecht vorzulegen, wie sich aus den Attesten seines Hausarztes und dem Entlassungsbericht einer Klinik ergebe.
Der Wiedereinsetzungsantrag blieb erfolglos (BSG, Beschl. v. 3.4.2019 – B 1 KR 84/18 B).
Für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes grds. Voraussetzung, dass sowohl der Antrag auf PKH als auch die Erklärung in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 117 Abs. 2 und 4 ZPO) bis zum Ablauf der Beschwerdefrist beim BSG eingehen. Darauf hat das LSG den Kläger bereits in den Erläuterungen zur PKH, die dem angefochtenen LSG-Urteil beigefügt waren, hingewiesen.
Dem Kläger kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, weil der Kläger nicht i.S.d. § 67 Abs. 1 SGG "ohne Verschulden" gehindert war, innerhalb der Monatsfrist die entsprechende Erklärung beim BSG einzureichen. Insbesondere war der Kläger, so das BSG, hieran nicht wegen Krankheit gehindert, was nur der Fall gewesen wäre, wenn er krankheitsbedingt weder in der Lage gewesen wäre, selbst zu handeln noch einen Dritten hiermit zu beauftragen. Den vorgelegten Unterlagen war nicht zu entnehmen, dass die attestierte Erkrankung so schwer war, dass sie jegliches eigenständiges Handeln des Klägers bis zum Ablauf der Frist ausschloss. Auch stand dem bereits entgegen, dass der Kläger unbeachtet der bescheinigten Erkrankungen zwei Tage vor dem Fristablauf in der Lage war, mittels Telefax Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen und PKH zu beantragen sowie einen Tag später die Erklärung zu unterschreiben, die dann einen Tag nach Fristablauf einging.
Da die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften entsprach, weil sie nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Bevollmächtigten eingelegt worden ist, war sie durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs. 4 S. 1 Hs. 2 i.V.m. § 169 S. 3 SGG).
Hinweise:
1. Anwaltlich nicht vertretene Beteiligte, die gegen ein LSG-Urteil, das die Revision nicht zulässt, Revision bzw. zunächst Nichtzulassungsbeschwerde einlegen wollen, jedoch hierfür PKH beanspruchen wollen, müssen innerhalb der Monatsfrist zur Einlegung des Rechtsmittels (Revision: § 164 Abs. 1 S. 1 SGG, Nichtzulassungsbeschwerde § 160a Abs. 1 S. 2 SGG) einen PKH Antrag nebst Erklärung beim BSG einreichen und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten beantragen. Wird PKH bewilligt, ist durch den Bevollmächtigten innerhalb der Monatsfrist des § 67 Abs. 2 S. 1 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und gleichzeitig die Einlegung des Rechtsmittels nachzuholen (§ 67 Abs. 2 S. 3 SGG). Für die Begründung des Rechtsmittels steht nach der Rechtsprechung des BSG dann ab Zustellung der PKH-Bewilligung eine Frist von zwei Monaten zur Verfügung, wobei die Frist zur Revisionsbegründung mehrfach, diejenige zur Nichtzulassungsbeschwerde aber nur einmal bis zu einem Monat (§ 160a Abs. 2 S. 2 SGG) verlängert werden kann.
2. § 67 SGG findet gem. § 84 Abs. 2 S. 3 SGG auch im Widerspruchsverfahren Anwendung, für Verfahrensfristen im Verwaltungsverfahren gilt § 27 SGB X (zu den inhaltlichen Unterschieden zwischen den beiden Vorschriften s. Sartorius ZAP F. 18, 1618). Ein Wiedereinsetzungsantrag braucht nicht ausdrücklich gestellt zu werden; er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein, wobei es ausreicht, dass in dort konkludent zum Ausdruck gebracht wird, das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmitteleinlegungs- oder Rechtsmittelbegründungsschrift fortsetzen zu wollen (BGH 12.6.2019 – XII ZB 432/18). Der BGH leitet seiner Auffassung aus dem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) her, welches es den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, auf Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren, Rn 6 des Beschlusses.
3. PKH ist generell nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet. Dabei ist nicht nur auf die Nichtzulas...