1. Grenze der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen (betriebliche Direktversicherung)
Leistungen aus der betrieblichen Direktversicherung i.S.v. § 1b Abs. 2 BetrAVG sind grds. Versorgungsbezüge nach § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V und damit beitragspflichtig. Ausgenommen hiervon bleiben nach Halbs. 2 der Norm Leistungen aus Altersvorsorgevermögen i.S.d. § 92 EStG. Privilegiert werden damit die sog. Riesterrenten – die insoweit bestehende beitragsrechtliche Ungleichbehandlung ist nach Auffassung des BSG gerechtfertigt (BSG, Urt. v. 26.2.2019 – B 12 KR 17/18 R) – sowie Leistungen, die Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleinige Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben haben.
Vorliegend war entscheidungserheblich, ob diese Versorgungsbezüge "zur Hinterbliebenenversorgung" (als eine der drei in § 229 Abs. 1 S. 1 SGB V für die Beitragspflicht vorausgesetzten Versorgungszwecke) erzielt wurden.
Die Klägerin erhielt im Alter von 34 Jahren nach dem Tod ihres Vaters eine Kapitalleistung ausbezahlt, der ein Lebensversicherungsvertrag (Direktversicherung) zugrunde lag, den der ehemalige Arbeitgeber des Vaters als Versicherungsnehmer zugunsten des Vaters der Klägerin als versicherte Person abgeschlossen hatte. Sie wandte sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Ihre Revision gegen das zu ihren Ungunsten ergangene Urteil des LSG war erfolgreich (BSG, Urt. v. 26.2.2019 – B 12 KR 12/18 R).
Ausgehend von dem Zweck des § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V, Bezieher gesetzlicher und betrieblicher Renten gleichzustellen, liegt, so das BSG, ein Versorgungszweck bei Leistungen an ein Kind der Versicherten jedenfalls dann nicht vor, wenn die Leistung zu einem Zeitpunkt zufließt, in dem typischerweise kein Anspruch auf eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 48 SGB VI mehr in Betracht kommt. Mit der Zielsetzung der Gleichbehandlung von Beziehern gesetzlicher und betrieblicher Renten hinsichtlich der Beitragspflicht von Versorgungsbezügen wäre es nicht vereinbar, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an Waisen der Beitragspflicht zu unterwerfen, die diesen zu einem Zeitpunkt zufließen, zu dem ein Anspruch auf Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von vorneherein ausscheidet. Die Grenze ist bei typisierender Betrachtung entsprechend der Regelung in § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 SGB VI – und bei Außerachtlassung einer weiteren Verschiebung der Altersgrenze unter der Voraussetzung der Regelung in § 48 Abs. 5 S. 1 SGB VI – mit 27 Jahren festzulegen.
Das BSG lässt offen, wie zu verfahren ist, wenn ein Kind das 27. Lebensjahr erst während des Bezugs einer Rente aus der betrieblichen Altersversorgung bzw. bei Einmalzahlungen während des Zeitraums von zehn Jahren nach der Auszahlung einer Kapitalleistung (s. § 229 Abs. 1 S. 3 SGB V) vollendet, ob sich also der Versorgungscharakter während des Bezugs ändern kann. Schließlich führt der Senat aus, seine Entscheidung stehe nicht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung zur Beitragspflicht von Leistungen betrieblicher Altersvorsorge an Hinterbliebene, soweit er darin den Versorgungszweck daraus abgeleitet hat, dass die Versicherungsleistung auch im Todesfall fällig war und damit eine unterhaltssichernde Funktion erfüllte. In diesen Fällen flossen die jeweiligen Kapitalleistungen den hinterbliebenen Ehepartnern (Witwen) der jeweiligen Arbeitnehmer zu. Der Versorgungszweck i.S. einer Unterhaltsersatzfunktion war bei typisierender Betrachtungsweise nicht zweifelhaft, da in den entschiedenen Fällen die betroffenen Witwen das 47. Lebensjahr vollendet hatten und damit eine grundsätzliche Voraussetzung für die große Witwen- und Witwerrente (§ 46 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI) erfüllen, die zeitlich unbefristet ist.
2. Fiktive Genehmigung von Leistungsanträgen nach § 13 Abs. 3a SGB V
Die Rechtsprechung des BSG zur Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V – anwendbar für Anträge auf künftig zu erbringenden Leistungen ab dem 26.2.2013 – war wiederholt Gegenstand dieser Rechtsprechungsübersicht (s. ZAP F. 18, S. 1483 ff., 1597 ff., 1635 ff.). Hiernach ist unter folgenden Voraussetzungen bei Verletzung der in der Bestimmung vorgesehenen Entscheidungsfristen und Informationspflichten durch die Krankenkasse von einer Genehmigungsfiktion und hieraus folgend einem Kostenerstattungsanspruch der Versicherten (ohne Bindung an zugelassene Leistungsträger, auch bei Behandlung im Ausland), wahlweise von einem Sachleistungsanspruch auszugehen:
- Es bedarf eines ausreichend konkretisierten Leistungsantrags, der sich auf Leistungen bezieht, die der Antragsteller für erforderlich halten darf und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegen.
- Über den Antrag entscheidet die Krankenkasse nicht schriftlich bis zum Ablauf von drei Wochen (Eingang beim Antragsteller) nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachterliche Stellungnahme, insbesondere des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragsein...