Derjenige Elternteil, der das Umgangsrecht ausübt und das Kind zu Besuch hat, bestimmt auch den Aufenthaltsort des Kindes, ohne dass dies eines gesonderten gerichtlichen Ausspruchs bedürfte. Dabei bleibt es grds. auch dann, wenn es um die Wahl des Ortes für den Ferienumgang geht und zwar unabhängig davon, wo der Ort liegt (vgl. KG, Beschl. v. 1.8.2016 – 13 UF 106/16, FamRZ 2016, 2111).
Auch bei der Entscheidung darüber, ob das gemeinsame Kind in den Ferien eine Fernreise unternimmt, handelt es sich nicht um eine Entscheidung von besonderer Bedeutung, für die der umgangsberechtigte Elternteil nach § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB die Zustimmung des anderen Elternteils benötigen würde. In Anbetracht des gewandelten Urlaubsverständnisses der Bevölkerung liegt eine Angelegenheit des täglichen Lebens vor, über die der Elternteil, bei dem das Kind sich mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung aufhält, allein entscheiden kann (KG Berlin, Beschl. v. 18.5.2020 – 13 UF 88/18, FuR 2020, 586; OLG Frankfurt, Urt. v. 17.5.2018 – 1 U 202/17, FamRZ 2018, 1842; KG, Beschl. v. 2.2.2017 – 13 UF 163/16, FamRZ 2017, 1061).
Allerdings ist der umgangsberechtigte Elternteil verpflichtet, den betreuenden Elternteil rechtzeitig darüber zu informieren, wohin die Reise gehen soll und wo die Kinder sich aufhalten werden (OLG Brandenburg FamRZ 2015, 1818; KG, Beschl. v. 1.8.2016 – 13 UF 106/16, FamRZ 2016, 2111).
In besonderen Situationen wird diese Frage des Reiseziels als Angelegenheit von wesentlicher Bedeutung eingestuft, bei der Einvernehmen gem. § 1687 Abs. 1 S. 1 BGB erzielt werden muss. Dies ist so gesehen worden bei Reisen jüngerer Kinder in ein Land eines ihnen nicht vertrauten Kulturkreises (OLG Köln, Beschl. v. 4.6.2004 – 4 WF 4/04, FamRZ 2005, 644). Eine einseitige Entscheidung des umgangsberechtigten Elternteils wird auch nicht akzeptiert, wenn der beabsichtigten (Urlaubs-)Reise das Kindeswohl elementar – i.S.v. § 1666 BGB – entgegensteht, weil die Urlaubsreise in politische Krisengebiete führen soll, im Zielgebiet Krieg, Bürgerkrieg oder kriegerische Unruhe herrschen, eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt oder dem Kind im Zielgebiet nicht beherrschbare, außergewöhnliche gesundheitliche Risiken drohen (KG, Beschl. v. 18.5.2020 – 13 UF 88/18, FuR 2020, 586; vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.7.2016 – 5 UF 206/16, FuR 2017, 35 = FamRZ 2016, 1595; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.8.2014 – 5 WF 115/14, FamRZ 2015, 150; vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.3.2020 – 7 UF 17/20, FamRZ 2020, 761, Jokisch FuR 2019, 329, 338).
Auch die Corona-Krise berechtigt den betreuenden Elternteil nicht, einseitig den Umgang des anderen Elternteils zu unterbinden (s. dazu OLG Schleswig, Beschl. v. 25.5.2020 – 10 WF 77/20, FuR 2020, 478; OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.5.2020 – 1 UF 51/20, FuR 2020, 475 = NJW 2020, 2038; AG Frankfurt, Beschl. v. 8.4.2020 – 456 F 5080/20 UG, FuR 2020, 480; AG Frankfurt, Beschl. v. 9.4.2020 – 456 F 5092/20 EAUG, FuR 2020, 369; AG Aachen, Beschl. v. 15.5.2020 – 220 F 136/20, FuR 2020, 479; Götsche FuR 2020, 396, Rake FamRZ 2020, 650, ders. FamRZ 2021, 1087 Lack NJW 2020, 1255, Mainz-Kwasniok FamRB 2020, 203, Ernst/Meysen FamRZ 2020, 827, Bergmann/Auerswald FamRB 2020, 293). Umgangskontakte können nicht davon abhängig gemacht werden, dass die umgangsberechtigte Person gegen das Corona-Virus geimpft ist. Allerdings können Umgangskontakte unter bestimmten Voraussetzungen davon abhängig gemacht werden, dass sich die umgangsberechtigte Person zuvor einem Test auf Infektion mit dem Corona-Virus mit negativem Ausgang unterzieht (OLG Nürnberg, Beschl. v. 14.4.2021 – 10 UF 72/21, NJW 2021, 2052).
Ist der betreuende Elternteil aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung oder einer gerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung verpflichtet, dem anderen Elternteil den dort vereinbarten Umgang zu gewähren, ergibt sich daraus die allgemeine, schuldrechtliche Leistungstreuepflicht, aufgrund derer er gehalten ist, alles dafür zu tun, um den Eintritt des „Leistungserfolg” – den Ferienumgang in seiner konkreten Gestalt – herbeizuführen bzw. zu sichern und alles zu unterlassen, was die Umgangsgewährung hätte beeinträchtigen oder gefährden können (vgl. nur Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. 2020, § 242 Rn 27, 29).
Praxishinweise:
- Folglich kann der betreuende Elternteil seine mit dem Abschluss der Umgangsvereinbarung bzw. der Zustimmung zur Urlaubsreise gemachten Zusagen allenfalls dann widerrufen, wenn sich die Umstände nachträglich so schwerwiegend verändert haben, dass ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ein weiteres Festhalten an der einmal gegeben Zustimmung nicht zugemutet werden konnte (§ 313 Abs. 1 BGB).
- Diese Voraussetzungen dürften regelmäßig bei einer zwischenzeitlichen Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gegeben sein.
- Einen derartigen Wegfall der Geschäftsgrundlage muss der betreuende Elternteil dann auch darlegen und beweisen.