Ist das digitale Produkt mangelhaft, kann der Verbraucher nach der Hierarchie-(Stufen-)Leiter des § 327i BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 1 RL (und in Anlehnung an § 437 BGB), wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen,
a) Nacherfüllung
Verlangt der Verbraucher vom Unternehmer Nacherfüllung, so hat dieser nach § 327l Abs. 1 S. 1 BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 2 RL den vertragsgemäßen Zustand (unentgeltlich, vgl. Art. 14 Abs. 3 RL) herzustellen und die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen. Der Unternehmer bestimmt die Form der Nacherfüllung (bei freier Wahl der Mittel, etwa Übermittlung einer aktualisierten Version eines digitalen Produkts oder erneute Bereitstellung einer fehlerfreien Kopie, Erwägungsgrund 63 RL) – der Verbraucher hat kein Wahlrecht (RegE, a.a.O., S. 66). Der Unternehmer hat die Nacherfüllung gem. § 327l Abs. 1 S. 2 BGB innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel informiert hat und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen.
Der Anspruch auf Nacherfüllung ist gem. § 327l Abs. 2 S. 1 BGB ausgeschlossen, wenn die Nacherfüllung
- (tatsächlich oder rechtlich, Erwägungsgrund 65 RL) unmöglich (Art. 14 Abs. 2 RL, vgl. § 275 Abs. 1 BGB) oder
- für den Unternehmer nur mit unverhältnismäßigen Kosten (wobei teilweise die zu § 439 Abs. 4 S. 2 BGB ergangene Judikatur berücksichtigt werden kann, RegE, a.a.O., S. 67) möglich
ist. Dabei sind nach § 327l Abs. 2 S. 2 BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a und b RL insb. der Wert des digitalen Produkts in mangelfreiem Zustand sowie die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. § 275 Abs. 2 und 3 BGB finden keine Anwendung.
Hinweis:
Verweigert der Unternehmer die Nacherfüllung, kann der Verbraucher den Vertrag nach § 327m Abs. 1 Nr. 5 BGB (unter b.) beenden.
b) Vertragsbeendigung
Ist das digitale Produkt mangelhaft, so kann der Verbraucher nach § 327m Abs. 1 BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 4 RL den Vertrag gem. § 327o BGB beenden (sofortige Vertragsbeendigung), wenn
- der Nacherfüllungsanspruch gem. § 327l Abs. 2 BGB (wegen Unmöglichkeit oder mit unverhältnismäßigen Kosten behaftet) ausgeschlossen ist (Nr. 1),
- der Nacherfüllungsanspruch des Verbrauchers nicht gem. § 327l Abs. 1 BGB erfüllt wurde (Nr. 2 – wenn der Anspruch nach § 327l Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, gilt hingegen Nr. 1, RegE, a.a.O., S. 68),
- sich trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung ein Mangel zeigt (Nr. 3 – erfasst werden auch bereits bei Bereitstellung vorliegende, aber noch nicht erkennbare Mängel erfolgloser Nacherfüllungsversuche in Bezug auf den geltend gemachten Mangel oder bei erfolgreicher Nacherfüllung, wenn sich hiernach ein anderer Mangel zeigt; womit der Verbraucher, weil das notwendige Vertrauen in den Unternehmer erschüttert ist, auf keinen weiteren Nacherfüllungsanspruch verwiesen werden kann),
- der Mangel derart schwerwiegend ist (z.B. die Bereitstellung eines Antivirenprogramms, welches selbst mit Viren infiziert ist, Erwägungsgrund 65 RL), dass die sofortige Vertragsbeendigung gerechtfertigt ist (Nr. 4 – Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall),
- der Unternehmer gem. § 327l Abs. 1 S. 1 BGB ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert hat (Nr. 5 – im Fall einer berechtigten Verweigerung geht der Nacherfüllungsanspruch unter und die Rechtsbehelfe der zweiten Stufe greifen nach Nr. 5, bei unberechtigter Verweigerung kann der Verbraucher nach seiner Wahl den Nacherfüllungsanspruch durchsetzen oder die weiteren Rechtsbehelfe ergreifen, RegE, a.a.O., S. 68), oder
- es nach den Umständen offensichtlich ist, dass (trotz fehlender ausdrücklicher Weigerung) der Unternehmer nicht gem. § 327l Abs. 1 S. 2 BGB ordnungsgemäß nacherfüllen wird (Nr. 6).
Hinweis:
Das Rechtsinstitut der „Beendigung” erfasst sowohl Verträge mit einmaligem Leistungsaustausch als auch Dauerschuldverhältnisse, i.Ü. sowohl Fälle unterbliebener Bereitstellung (§ 327c BGB) als auch mangelhafter Bereitstellung (§ 327m BGB).
§ 327m Abs. 1 BGB erlangt Relevanz auch für den Schadensersatz- und Aufwendungsersatzanspruch (§ 327m Abs. 3 BGB, s. unter IV. 2. c) und die Minderung (§ 327n BGB, s. unter IV. 2. d).
Eine Beendigung des Vertrags ist nach § 327m Abs. 2 S. 1 BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 6 S. 1 RL ausgeschlossen, wenn der Mangel unerheblich ist – was gem. § 327m Abs. 2 S. 2 BGB nicht für Verbraucherverträge i.S.d. § 327 Abs. 3 BGB gilt, bei denen der Verbraucher mit „seinen Daten bezahlt”.
Sofern der Verbraucher den Vertrag nach § 327m Abs. 1 BGB beenden kann, kann er sich nach dem besonderen Vertragsauflösungsrecht des § 327m Abs. 4 S. 1 BGB (ent...