Da die §§ 327 bis 327s BGB auf Verbraucherverträge beschränkt sind, besteht für die von den §§ 327t und u BGB erfasste Vertriebskette kein einheitliches Vertragsrecht im BGB. „Damit bleiben insb. die Regelungen des Abschnitts 8 von Buch 2 [§§ 433 bis 487 BGB] im Übrigen auf die entsprechenden Vertragsverhältnisse anwendbar” (RegE, a.a.O., S. 80).
a) Aufwendungsersatz in der Regresskette
Der Unternehmer kann von dem Unternehmer, der sich ihm gegenüber zur Bereitstellung eines digitalen Produkts verpflichtet hat (Legaldefinition des Vertriebspartners), nach § 327u Abs. 1 S. 1 BGB Ersatz der Aufwendungen verlangen, die ihm im Verhältnis zu einem Verbraucher wegen einer durch den Vertriebspartner verursachten unterbliebenen Bereitstellung des vom Vertriebspartner bereitzustellenden digitalen Produkts aufgrund der Ausübung des Rechts des Verbrauchers nach § 327c Abs. 1 S. 1 BGB entstanden sind. Erfasst werden sowohl Handlungen als auch Unterlassungen. Nach Art. 20 RL soll der Unternehmer nämlich „den oder die innerhalb der gewerblichen Vertragskette Haftenden” in Anspruch nehmen können, wenn er selbst vom Verbraucher in Anspruch genommen worden ist.
Hinweis:
Nach Erwägungsgrund 20 RL sollen die Rechte des Unternehmers auf den „Geschäftsverkehr” beschränkt bleiben. Hintergrund dafür ist die im Bereich der Erstellung von Software übliche Verwendung von Software-Bestandteilen, „welche unter einer Open Source-Lizenz i.S. des § 327 Abs. 6 Nr. 6 BGB stehen. Um diese Art der Lizenzvergabe nicht attraktiv zu machen, sollen die Ersteller und Lizenzgeber solcher Software vor möglichen Regressansprüchen bewahrt werden” (RegE, a.a.O., S. 81).
Das Gleiche gilt gem. § 327u Abs. 1 S. 2 BGB für die nach § 327l Abs. 1 BGB vom Unternehmer zu tragenden Aufwendungen, wenn der vom Verbraucher gegenüber dem Unternehmer geltend gemachte Mangel bereits bei der Bereitstellung durch den Vertriebspartner vorhanden war oder in einer durch den Vertriebspartner verursachten Verletzung der Aktualisierungspflicht des Unternehmers nach § 327f Abs. 1 BGB besteht.
b) Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs
Die Aufwendungsersatzansprüche verjähren nach § 327u Abs. 2 S. 1 BGB in Anlehnung an § 445b Abs. 1 BGB in sechs Monaten.
Die Verjährung beginnt gem. § 327u Abs. 2 S. 2 BGB
c) Beweislastregelungen
Die Beweislastregelungen der § 327k Abs. 1 und 2 BGB sind gem. § 327u Abs. 3 BGB mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Frist mit der Bereitstellung an den Verbraucher beginnt.
d) Abweichende Vereinbarungen
Der Vertriebspartner kann sich nicht auf eine Vereinbarung berufen, die er vor Geltendmachung der in § 327u Abs. 1 BGB bezeichneten Aufwendungsersatzansprüche mit dem Unternehmer getroffen hat und die zum Nachteil des Unternehmers von § 327u Abs. 1 bis 3 BGB abweicht. Die Regelung ist auch anzuwenden, wenn § 327u Abs. 1 bis 3 BGB durch anderweitige Gestaltungen umgangen wird.
e) Anwendbarkeit von § 377 HGB
Nach § 327u Abs. 5 BGB bleibt die Regelung des § 377 HGB für den Handelskauf im Verhältnis Unternehmer – Vertriebspartner anwendbar; insb. die besonderen Prüf- und Anzeigeobliegenheiten (was v.a. für die von § 327 Abs. 5 BGB erfassten digitalen Inhalte auf körperlichen Datenträgern relevant sein kann, RegE, a.a.O., S. 82).
f) Anwendung auf die gesamte Regresskette
Diese Regelungen sind auf die Ansprüche des Vertriebspartners und der übrigen Vertragspartner in der Vertriebskette gegen die jeweiligen zur Bereitstellung verpflichteten Vertragspartner entsprechend anzuwenden (Kettenregress), wenn die Schuldner Unternehmer sind (so § 327u Abs. 6 BGB, in Anlehnung an § 478 Abs. 3 BGB).
g) Anwendungsausschluss
Nach § 445c BGB sind, wenn der letzte Vertrag in der Lieferkette ein Verbrauchervertrag über die Bereitstellung digitaler Produkte i.S.d. §§ 327 und 327a BGB ist, die §§ 445a und b sowie § 478 BGB nicht anzuwenden. An die Stelle der nicht anzuwendenden Vorschriften treten die §§ 327t und u BGB.