Ist das digitale Produkt mangelhaft, so kann der Verbraucher nach § 327m Abs. 1 BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 4 RL den Vertrag gem. § 327o BGB beenden (sofortige Vertragsbeendigung), wenn
- der Nacherfüllungsanspruch gem. § 327l Abs. 2 BGB (wegen Unmöglichkeit oder mit unverhältnismäßigen Kosten behaftet) ausgeschlossen ist (Nr. 1),
- der Nacherfüllungsanspruch des Verbrauchers nicht gem. § 327l Abs. 1 BGB erfüllt wurde (Nr. 2 – wenn der Anspruch nach § 327l Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, gilt hingegen Nr. 1, RegE, a.a.O., S. 68),
- sich trotz der vom Unternehmer versuchten Nacherfüllung ein Mangel zeigt (Nr. 3 – erfasst werden auch bereits bei Bereitstellung vorliegende, aber noch nicht erkennbare Mängel erfolgloser Nacherfüllungsversuche in Bezug auf den geltend gemachten Mangel oder bei erfolgreicher Nacherfüllung, wenn sich hiernach ein anderer Mangel zeigt; womit der Verbraucher, weil das notwendige Vertrauen in den Unternehmer erschüttert ist, auf keinen weiteren Nacherfüllungsanspruch verwiesen werden kann),
- der Mangel derart schwerwiegend ist (z.B. die Bereitstellung eines Antivirenprogramms, welches selbst mit Viren infiziert ist, Erwägungsgrund 65 RL), dass die sofortige Vertragsbeendigung gerechtfertigt ist (Nr. 4 – Abwägung der widerstreitenden Interessen im Einzelfall),
- der Unternehmer gem. § 327l Abs. 1 S. 1 BGB ordnungsgemäße Nacherfüllung verweigert hat (Nr. 5 – im Fall einer berechtigten Verweigerung geht der Nacherfüllungsanspruch unter und die Rechtsbehelfe der zweiten Stufe greifen nach Nr. 5, bei unberechtigter Verweigerung kann der Verbraucher nach seiner Wahl den Nacherfüllungsanspruch durchsetzen oder die weiteren Rechtsbehelfe ergreifen, RegE, a.a.O., S. 68), oder
- es nach den Umständen offensichtlich ist, dass (trotz fehlender ausdrücklicher Weigerung) der Unternehmer nicht gem. § 327l Abs. 1 S. 2 BGB ordnungsgemäß nacherfüllen wird (Nr. 6).
Hinweis:
Das Rechtsinstitut der „Beendigung” erfasst sowohl Verträge mit einmaligem Leistungsaustausch als auch Dauerschuldverhältnisse, i.Ü. sowohl Fälle unterbliebener Bereitstellung (§ 327c BGB) als auch mangelhafter Bereitstellung (§ 327m BGB).
§ 327m Abs. 1 BGB erlangt Relevanz auch für den Schadensersatz- und Aufwendungsersatzanspruch (§ 327m Abs. 3 BGB, s. unter IV. 2. c) und die Minderung (§ 327n BGB, s. unter IV. 2. d).
Eine Beendigung des Vertrags ist nach § 327m Abs. 2 S. 1 BGB in Umsetzung von Art. 14 Abs. 6 S. 1 RL ausgeschlossen, wenn der Mangel unerheblich ist – was gem. § 327m Abs. 2 S. 2 BGB nicht für Verbraucherverträge i.S.d. § 327 Abs. 3 BGB gilt, bei denen der Verbraucher mit „seinen Daten bezahlt”.
Sofern der Verbraucher den Vertrag nach § 327m Abs. 1 BGB beenden kann, kann er sich nach dem besonderen Vertragsauflösungsrecht des § 327m Abs. 4 S. 1 BGB (entsprechend § 327c Abs. 6 BGB, s. unter III. 2.) im Hinblick auf alle Bestandteile des Paketvertrags vom Vertrag lösen, wenn er an dem anderen Teil des Paketvertrags ohne das mangelhafte digitale Produkt kein „Interesse” (vgl. hierzu die Judikatur zu § 323 Abs. 5 S. 1 BGB) hat. Dies gilt nicht für Paketverträge, bei denen der andere Bestandteil ein Telekommunikationsdienst i.S.d. § 7 Nr. 61 TKG ist (so § 327m Abs. 4 S. 2 BGB).
Sofern der Verbraucher den Vertrag beenden kann, kann er sich im Hinblick auf alle Bestandteile eines Vertrags, der kein Kaufvertrag ist (§ 327a Abs. 3 BGB), gem. § 327m Abs. 5 BGB als weiteres besonderes Vertragsauflösungsrecht nach § 327a Abs. 2 BGB vom Vertrag lösen, wenn aufgrund des Mangels des digitalen Produkts sich die Sache nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet.
aa) Erklärung der Vertragsbeendigung
Die Beendigung des Vertrags erfolgt nach § 327o Abs. 1 S. 1 BGB in Umsetzung von Art. 15 RL durch form- und begründungsfreie (auch konkludente) Erklärung gegenüber dem Unternehmer, in welcher der Entschluss des Verbrauchers zur Beendigung zum Ausdruck kommt (ohne, dass das Wort „Vertragsbeendigung” Verwendung finden muss, RegE, a.a.O., S. 71). § 351 BGB ist gem. § 327a Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend anzuwenden („was durch den Verweis in § 327n Abs. 1 S. 3 BGB auch im Fall der Minderung gilt”, RegE, a.a.O., S. 71).
bb) Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung
Im Fall der Vertragsbeendigung hat der Unternehmer den Verbraucher nach § 327o Abs. 2 S. 1 BGB in Umsetzung von Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 RL die Zahlungen zu erstatten, die der Verbraucher zur Erfüllung des Vertrags bereits geleistet hat. Für Leistungen, die der Unternehmer aufgrund der Vertragsbeendigung nicht mehr zu erbringen hat (sowohl im Rahmen einer einmaligen Bereitstellung als auch im Hinblick auf weitere Zahlungen im Fall dauerhafter Bereitstellungen), erlischt gem. § 327o Abs. 2 S. 2 BGB in Umsetzung von Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 2 RL sein Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Preises.
Abweichend hiervon erlischt nach § 327o Abs. 3 S. 1 BGB bei Verträgen über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts der Anspruch des Unternehmers auf bereits erbrachte Leistungen – jedoch nur für denjenigen Teil des Bereitstellungszeitraums, in dem das digitale Produkt mangelhaf...