Nachdem der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf (vgl. zum Vorhaben zuletzt ZAP Anwaltsmagazin 19/2015, S. 1007 f.) davor gewarnt hat, die Unternehmenserben stärker zu begünstigen als bisher und hier insbesondere die vorgesehene Verschonung i.H.v. 20 bzw. 35 % bei hohen vererbten Unternehmensvermögen ohne Durchführung einer entsprechenden Bedürftigkeitsprüfung kritisiert hatte (vgl. BT-Drucks. 18/6279), haben sich auch die geladenen Experten in einer Ausschussanhörung im Bundestag teilweise sehr kritisch geäußert.
So sprachen sich die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft in einer gemeinsamen Stellungnahme für eine bessere Definition des begünstigten Betriebsvermögens aus. Sämtliches Vermögen, das zur Deckung von Pensionsverpflichtungen vorgesehen sei, sollte zum begünstigten Vermögen gehören.
Die Stiftung Familienunternehmen erklärte, was die Bundesregierung vorgelegt habe, reiche nicht aus, "wenn das Ziel des Erhalts und der Sicherung der Arbeitsplätze auch der großen Familienunternehmen tatsächlich erreicht werden soll". Die 26-Mio.-Euro-Grenze wird von der Stiftung als zu niedrig kritisiert. Dieser Unternehmenswert ergebe sich schon bei einem Jahresertrag von nur 1,43 Mio. Euro.
Der Vertreter der Deutschen Steuergewerkschaft erklärte, dass der Entwurf in mehreren Punkten die Vorgaben des BVerfG nicht erfülle. Auch der frühere rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl warnte vor möglicherweise verfassungswidrigen Bestimmungen. So ließen schon die vom Bundesrat formulierten Bedenken erahnen, dass die Verfassungskonformität der jetzigen Vorlage keinesfalls als gesichert gelten könne. "Eine erneute Verfassungswidrigkeit wäre fatal. Und ein erneutes Scheitern in Kauf zu nehmen, wäre fatalistisch", so Kühl. Jürgen Brandt, Präsident des Deutschen Finanzgerichtstages und Richter am BFH, bezeichnete die Bestimmungen für das sog. Verwaltungsvermögen als problematisch. Prof. Joachim Wieland von der Universität Speyer erklärte, der Gesetzentwurf verstoße durch die Überprivilegierung betrieblichen Vermögens gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und habe "in der gegenwärtigen Form keine Chance auf Billigung durch das Bundesverfassungsgericht".
Auch Prof. Roman Seer von der Ruhr-Universität Bochum bezweifelte die verfassungsgemäße Ausgestaltung des Entwurfs. So gehe die Verschonungsregelung überhaupt nicht auf die Unterschiede zwischen börsennotierten und nicht börsennotierten Unternehmen ein. Grundsätzlich stellte Prof. Seer fest: "Was da drin steht, verstehe ich zum Teil nicht. Und ich bin Steuerrechtler."
[Quelle: Bundestag]