1. Trunken- und Drogenfahrten (§ 24a Abs. 1 und 2 StVG, auch § 316 StGB)
a) Fahrlässigkeit bei länger zurückliegendem THC-Konsum?
Seit einigen Jahren hat die obergerichtliche Rechtsprechung zu § 24a Abs. 2 StVG eine Fahrlässigkeit bei längerer Zeit vor dem Fahrtantritt zurückliegendem THC-Konsum abgelehnt, wenn der im Blut gemessene THC-Wirkstoffgehalt nur geringfügig über dem analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml liegt (aktuell OLG Karlsruhe StV 2014, 622 = VRR 2014, 313/StRR 2014, 509 [jew. Burhoff]; näher m. Nw. bei Deutscher StRR 2015, 207, 209 ff.). Der schon im letzten Bericht wiedergegebenen Abkehr der Obergerichte von dieser Rechtsprechung (KG VRS 127, 244 = VRR 2/2015, 14/StRR 2015, 37 [jew. Deutscher]) hat sich nun auch das OLG Celle angeschlossen (StRR 2015, 354/VRR 9/2015, 13 [jew. Deutscher]) und in einem solchen Fall Fahrlässigkeit angenommen. Dem will nun auch das OLG Oldenburg folgen und hat diese Frage dem BGH zur Entscheidung nach § 121 Abs. 2 GVG vorgelegt (VRR 9/2015, 14 [Deutscher]). Diese Entscheidung bleibt abzuwarten. Überzeugend ist die Kehrtwende der Obergerichte nicht (näher Deutscher StRR 2015, 207, 209 ff.).
b) Atemalkoholmessung
Die unterbliebene Belehrung des Betroffenen über die Freiwilligkeit der Atemalkoholmessung soll nicht zur Unverwertbarkeit der Messung führen, da eine entsprechende Belehrungspflicht nicht besteht. Nur bei konkreten Anhaltspunkten über ein Vorspiegeln der Mitwirkungspflicht oder das bewusste Ausnutzen eines Irrtums des Betroffenen über eine solche Pflicht seitens der Ermittlungsbehörde kommt eine Unverwertbarkeit der Messung in Betracht (KG NZV 2015, 204 = zfs 2015, 48 m. Anm. Krenberger).
2. Bußgeldrechtliches Fahrverbot (§ 25 StVG, § 4 BKatV)
Literaturhinweis:
Zu Rechtsgrundlagen und Systematik des bußgeldrechtlichen Fahrverbots wird verwiesen auf Deutscher, in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, Rn. 1461 ff., 1721 ff. Übersicht zur Entwicklung des Fahrverbots im Jahr 2014 bei Deutscher NZV 2015, 366. Zum Absehen vom Fahrverbot (2012–2015) s. Burhoff, VRR 5/2015, 3 und 7/2015, 3.
a) Tatbestand des Fahrverbots
Ein Augenblicksversagen kann unter den Vorgaben von BGHSt 43, 241 = NZV 1997, 525 zum Wegfall der Tatbestandswirkung des Regelfalls für die Anordnung eines Fahrverbots führen. Das kann vorliegen, wenn der Betroffene ein unübersichtliches Verkehrsgeschehen falsch gedeutet oder eine verwirrende Verkehrsregelung falsch verstanden hat, auf eine besonders schwierige, insbesondere überraschend eingetretene Verkehrslage falsch reagiert oder ein Verkehrszeichen schlicht übersehen hat und die sichtbaren äußeren Umstände auch nicht auf eine Beschränkung oder ein Ge- oder Verbot hingedeutet haben. Die fehlende Ortskenntnis ist kein Umstand, der einen groben Verkehrsverstoß in einem milderen Licht erscheinen lässt (OLG Düsseldorf DAR 2015, 213). Auf eine argumentativ nachvollziehbare tatrichterliche Begründung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots kann regelmäßig dann nicht verzichtet werden, wenn die Fahrverbotsanordnung auf einen beharrlichen Pflichtenverstoß außerhalb des Regelfalls i.S.v. § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV gestützt wird (OLG Bamberg DAR 2015, 394 = zfs 2015, 231 m. Anm. Krenberger). In solchen Fällen kommt es mit Blick auf die Gewichtung der zeitlichen Abfolge der festgestellten und noch verwertbaren Vorahndungen des Betroffenen i.d.R. auf den Zeitpunkt des Rechtskrafteintritts der die frühere Zuwiderhandlung ahndenden Entscheidung an, wobei neben der Angabe des Zeitpunkts des jeweiligen Rechtskrafteintritts der früheren Zuwiderhandlungen hinaus stets auch die Mitteilung der jeweiligen Tatzeiten und der Erlasszeiten der bußgeldrechtlichen Vorahndungsentscheidungen in den Urteilsgründen wünschenswert ist (OLG Bamberg DAR 2015, 392).
Die wiederholte unbefugte Benutzung eines Mobiltelefons kann die Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigen (OLG Düsseldorf NZV 2015, 203 = VRR 1/2015, 14 [Küppers]). Eine notstandsähnliche Lage kann die Regelwirkung des Regelbeispiels entfallen lassen (OLG Celle VRR 4/2015, 15 [Burhoff]: Geschwindigkeitsüberschreitung bei notwendiger Hilfeleistung für gestürzte Mutter; vgl. a. OLG Bamberg NJW 2015, 1320 = NZV 2015, 309 = DAR 2015, 396).
b) Angemessenheit des Fahrverbots
Der Betroffene soll sich nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Anordnung eines Fahrverbots berufen können, wenn er die Gelegenheit zur verhältnismäßigen Ableistung des Fahrverbots, etwa einen Krankenhausaufenthalt oder die Nebensaison seines Arbeitgebers, eigenverantwortlich verstreichen lässt. Der Betroffene dürfe nicht die Hauptverhandlung abwarten, sondern müsse ab Erhalt des Bußgeldbescheids, Vorbereitungen dafür treffen, das Fahrverbot "sozialkonform" anzutreten (so AG Landstuhl DAR 2015, 415 m. Anm. Krumm = VRR 7/2015, 15 [Deutscher]). Das kann aber allenfalls länger geplante Krankenhausaufenthalte betreffen, nicht aber akute Notfalleinlieferungen (Deutscher a.a.O.).
Literaturhinweis:
Zum Wegfall der Erforderlichkeit des Fahrverbots nach Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Maßnahme näher bei Wolf/Uhle DAR 2015, 352.
c) Dauer des Fahrverbots
Bei tateinheitlicher Begehung mehrerer, jeweils fahrverbotsbegründender Verstöße kommt eine Addition beider Fahrverbote grundsätzlich nicht in Betracht (KG ...