Häufig standen die Erben dem Erblasser nahe und sind über dessen Verhältnisse gut informiert. Durchaus nicht selten haben aber die Erben kein vollständiges Bild über den gesamten "digitalen Nachlass", weil ihnen etwa einzelne Mitgliedschaften, Domains und Nutzer-Accounts des Erblassers unbekannt sind. Mitunter ergeben sich für die Erben Anhaltspunkte, denen sie nachgehen können, um weitere Nutzerkonten usw. zu ermitteln. Dies ist ausgesprochen mühsam und nicht immer gelingt eine vollständige Erfassung. Vielfach verbleiben zumindest teilweise Unklarheiten über Vertragsverhältnisse, Nutzungsrechte, Immaterialgüterrechte und den Datenbestand des Erblassers. Diese praktischen Probleme sind typischerweise besonders stark ausgeprägt, wenn die Erben nicht in engem Kontakt mit dem Erblasser standen. Ein solches Informationsdefizit der Erben ist keine neue Erscheinung: In früherer Zeit blieb etwa das Zeitschriftenabonnement des Erblassers bis zum Eingang der nächsten Jahresrechnung unbekannt, heute fehlen den Erben Informationen über Vertragsverhältnisse und Rechtspositionen des Erblassers, die sich auf den "digitalen Nachlass" beziehen.
Selbst wenn alle Rechtsverhältnisse ermittelt sind, haben die Erben regelmäßig keine Kenntnis von Zugangsdaten, z.B. Passwörtern, die der Erblasser für soziale Netzwerke, seine E-Mail-Accounts, Online-Shops oder das Online-Banking angelegt hat und die aus Sicherheitsgründen üblicherweise recht häufig geändert werden. In diesen Fällen sind die Erben auf Hilfe des Vertragspartners des Erblassers angewiesen, der die Zugangsdaten offenlegen oder zurücksetzen oder erfasste Vorgänge mitteilen könnte. Erfahrungsgemäß scheitert ein Zugriff der Erben häufig an standardisierten Praktiken der Vertragspartner des Erblassers, die eine Herausgabe von Daten oder eine Rücksetzung mangels eines – nach ihren eigenen Maßstäben – hinreichenden Nachweises der Erbenstellung ablehnen, eigene formale Anforderungen an den Nachweis der materiellen Berechtigung stellen oder auch Inhalte nach geraumer Zeit der Inaktivität löschen (vgl. zu den Praktiken verschiedener großer Anbieter Gloser MittBayNot 2016, 12, 18 f.; Steiner/Holzer ZEV 2015, 262, 264; Lange/Holtwiesche ZErb 2016, 125, 127; Herzog NJW 2013, 3745, 3746; Deusch ZEV 2014, 2, 3; Martini JZ 2012, 1145, 1146; Deutscher Anwaltverein, Stellungnahme zum Digitalen Nachlass – Stellungnahme Nr. 34/2013 v. 7.6.2013, S. 25 ff.).
Derartige Erschwernisse sind für die Erben ausgesprochen misslich. Eine Frist von sechs Wochen billigt ihnen das Gesetz für eine Ausschlagung der Erbschaft zu (§ 1944 Abs. 1 BGB). Die Erben werden anstreben, sich rasch, jedenfalls innerhalb dieser Ausschlagungsfrist, Klarheit über den Nachlass zu verschaffen, insbesondere über Verbindlichkeiten und eine etwaige Überschuldung, um sachgerecht über Annahme oder Ausschlagung entscheiden zu können. Ist eine Ausschlagung nicht mehr möglich, kann die Haftung der Erben nur noch durch eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren beschränkt werden (§ 1975 BGB). Dementsprechend haben die Erben ein Interesse, sich zügig etwa von lediglich elektronisch dokumentierten Vertragsverhältnissen des Erblassers, von offenen Verbindlichkeiten aus Online-Geschäften oder von Verträgen, die im Erbfall übergehen und/oder sich bei ausbleibender Kündigung automatisch verlängern, Kenntnis zu verschaffen. Zudem gehen nicht-vertragliche Verbindlichkeiten und gesetzliche Verantwortlichkeiten des Erblassers auf die Erben über, etwa die Haftung für rechtswidrige Inhalte auf Websites des Erblassers und die Impressumpflicht nach § 5 TMG.