Ist der Mandant im Termin nicht anwesend oder ist die Klärung weiterer Fragen wie etwa der Steuern oder die Zustimmung sonstiger Beteiligter erforderlich (z.B. Versicherung), wird häufig ein Widerrufsvorbehalt in den Vergleich eingefügt. In der Regel handelt es sich dabei um eine aufschiebende Bedingung. Je nach Vereinbarung soll eine oder beide Parteien widerrufen können:
Beispiel:
"Jede Partei kann diesen Vergleich bis (...) mit einem beim Gericht einzureichenden Anwaltsschriftsatz widerrufen".
a) Modalitäten des Widerrufs
Der Text "Dieser Vergleich kann binnen zwei Wochen widerrufen werden" ist ungenügend. Kann im Anwaltsprozess die Partei selbst den Vergleich gegenüber dem Gericht widerrufen? Kann sie den Widerruf mündlich gegenüber dem Gegner erklären, wenn sie ihn z.B. zufällig auf dem Volksfest trifft? Das kann zweifelhaft sein (vgl. BGH NJW 1980, 1752). Im Vergleich sind deshalb die Einzelheiten des Widerrufs zu regeln: schriftlich, durch einen beim Prozessgericht einzureichenden Anwaltsschriftsatz.
b) Widerrufsfrist
Wird z.B. an einem Mittwoch eine Widerrufsfrist von zwei Wochen vereinbart, dann ist unklar, ob die Frist an einem Dienstag abläuft (so § 187 Abs. 2 BGB) oder am übernächsten Mittwoch (so §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB, OLG Schleswig NJW-RR 1987, 1022 – h.M.). Besser ist daher, ein Datum einzusetzen. Manchmal ist der beim Gericht ausgehandelte Vergleich kompliziert und umfangreich, die Widerrufsfrist ist abgelaufen, ehe das Protokoll mit dem genauen Vergleichstext beim Anwalt eingetroffen ist, so dass z.B. keine Rücksprache mit nicht im Termin anwesenden Parteien oder Korrespondenzanwälten möglich ist. In solchen Fällen muss eine längere Widerrufsfrist vereinbart werden, notfalls muss widerrufen werden.
Hinweis:
Die Widerrufsfrist beginnt nicht erst mit Zugang des Protokolls.
c) Fristverlängerung
Der Vergleich ist ein Vertrag zwischen den Parteien, steht also zu deren Disposition. Ist der Mandant innerhalb der Widerrufsfrist z.B. nicht erreichbar und droht die Frist abzulaufen, kann nur der Gegner die Frist verlängern, niemals das Gericht. Für die Verlängerung ist keine Zustimmung des Gerichts notwendig (allgemeine Meinung; a.A. MüKo-ZPO/Wolfsteiner, § 794 Rn 17, 59), sie sollte aber dem Gericht mitgeteilt werden. Ist der Gegner nicht erreichbar ist der Vergleich daher vorsorglich zu widerrufen (er kann ggf. vereinfacht nach § 278 Abs. 6 ZPO neu geschlossen werden).
d) Fristversäumung
Ist die Frist versäumt worden, ist keine Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO möglich (BGH NJW 1974, 107), weil es sich um keine gerichtliche Frist handelt.