Der Richter und die beteiligten Anwälte haben manchmal nur geringe Kenntnisse im Grundbuchrecht, die Vergleiche sind dann mangelhaft (vgl. Zempel NJW 2015, 2859). Das zeigen die folgenden Beispiele.
a) Fehlende Einigung
K und B waren im Grundbuch als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen. Zwecks Auseinandersetzung prozessierten sie vor dem LG und schlossen dort folgenden Prozessvergleich: "K erhält den Miteigentumsanteil des B an der Immobilie in Adorf. K und B stimmen der Löschung ihrer Eintragungen im Grundbuch zu". Beantragt K nun beim Grundbuchamt entsprechende Eintragungen, wird der Antrag vom Grundbuchamt abgelehnt werden, da der Vergleich keine dingliche Einigung von K und B nach § 20 GBO, §§ 873, 925 BGB enthält und auch eine Auslegung nach § 133 BGB nicht hilft (OLG Hamm FGPrax 2015, 247), denn im Grundbuchverkehr sind klare und eindeutige Erklärungen notwendig. Zweckmäßiger Text: "Die Parteien sind sich darüber einig, dass K den Miteigentumsanteil des B am Grundstück (...), Flur-Nr. (...), eingetragen im Grundbuch (...), erhält; sie bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch".
b) Bewilligung statt Verpflichtung zur Bewilligung
K und B stritten vor dem LG und einigten sich dann auf spätere Zahlung, aber Sicherheitsleistung. Prozessvergleich:
- B zahlt an K am 1.7.2020 den Betrag von 50.000 EUR.
- Zur Absicherung des K verpflichtet sich B, an seinem Grundstück (...) eine Grundschuld zugunsten K über 50.000 EUR eintragen zu lassen.
Den Antrag des K auf Eintragung der Grundschuld lehnte das Grundbuchamt ab, da eine Bewilligung des B fehlte. B reagierte nicht. K beantragte nun erfolglos ein Ordnungsgeld (§ 890 ZPO) und verklagte schließlich B auf Abgabe der Bewilligung. Diese unsinnigen Kosten wären unnötig gewesen, wenn die Bewilligung (§ 19 GBO) in den Vergleich und nicht nur eine Verpflichtung zur Abgabe einer Bewilligung aufgenommen worden wäre. Zweckmäßig daher: "B bewilligt und K beantragt hiermit, am Grundstück des B (...) eine Grundschuld zugunsten des K über 50.000 EUR eintragen zu lassen."
c) Unterlassene Einsicht ins Grundbuch
Werden im Rahmen eines Prozessvergleichs Erklärungen abgegeben, die sich auf Grundstücke oder im Grundbuch eingetragene Rechte beziehen, ist es sehr gefährlich, einen Vergleich zu protokollieren, ohne dass ein aktueller Grundbuchauszug vorliegt. Da kann die Bezeichnung des Grundstücks mehrdeutig sein, weil Flurnummer und Grundbuchstelle unbekannt sind; es können Belastungen im Grundbuch eingetragen sein, die der Übernehmer keinesfalls übernehmen will usw. Richtig ist an sich, die Parteien zum Notar zu schicken. Oft ist das aber nicht sinnvoll, weil eine Einigkeit der Parteien nur hier und jetzt im Sitzungssaal besteht und morgen vielleicht schon wieder der Streit aufflammt. In diesem Fall sollte der Anwalt an die Regelung denken, die für Notare gilt: § 21 Abs. 1 BUrkG. Bei Geschäften, die im Grundbuch eingetragene oder einzutragende Rechte zum Gegenstand haben, soll sich der Notar über den Grundbuchinhalt unterrichten. Sonst soll er nur beurkunden, wenn die Beteiligten trotz Belehrung über die damit verbundenen Gefahren auf einer sofortigen Beurkundung bestehen; dies soll er in der Niederschrift vermerken.
Notare sind berechtigt, auf Ersuchen auch ohne konkreten Entwurfs- oder Beurkundungsauftrag das Grundbuch mit dem elektronischen Zugang abzurufen (sog. isolierte Grundbucheinsicht). Das berechtigte Einsichtsinteresse i.S.v. § 12 Abs. 1 GBO hat z.B. der Eigentümer. Deshalb kommt § 21 Abs. 1 BeurkG nur noch selten zur Anwendung. Der Anwalt dagegen kann das Grundbuch nicht elektronisch einsehen, er kann aber eventuell in einer Sitzungspause einen Notar telefonisch beauftragen.
Praxishinweis:
Der Anwalt sollte im Protokoll festhalten lassen, dass er seine Partei auf die Gefahren der unterbliebenen Grundbucheinsicht hingewiesen hat, dass die Partei trotzdem den Vergleich sofort schließen will und dass sie ihren Anwalt insoweit von einer etwaigen Haftung freistellt.