1. Alkohol- und Drogenfahrten (§§ 24a Abs. 1, 2; 24c StVG)
a) Fahrlässigkeit nach THC-Konsum
Zu der Streitfrage, ob Fahrlässigkeit bei längerer Zeit vor dem Fahrtantritt zurückliegendem THC-Konsum vorliegt, wenn der im Blut gemessene THC-Wirkstoffgehalt nur geringfügig über dem analytischen Grenzwert von 1,0 ng/ml liegt, hat es im Berichtszeitraum keine neuen Entscheidungen gegeben. Die Behandlung der einschlägigen Vorlage des OLG Oldenburg (DAR 2016, 35 = VRR 9/2015, 14 = StRR 2015, 397 [jew. Deutscher]) durch den BGH bleibt abzuwarten.
b) Alkoholverbot für Fahranfänger
Bei der Auslegung des Begriffs der Wirkung i.S.d. § 24c Abs. 1 Alt. 2 StVG sind zum einen die allgemein anerkannten medizinisch-naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse, zum anderen die in Umsetzung solcher Erkenntnisse getroffenen rechtlichen Wertentscheidungen des § 24a Abs. 1 StVG zu beachten. Nach einer Entscheidung des KG (DAR 2016, 278) liegt eine Wirkung regelmäßig erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 ‰ bzw. einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l vor (a.A. OLG Stuttgart NJW 2013, 2296 = NZV 2013, 563 = DAR 2013, 396 m. Anm. Janker = StRR 2013, 399 = VRR 2013, 273 [jew. Deutscher]: BAK von 0,15 ‰). Ob ausnahmsweise bei Fahrauffälligkeiten eine Wirkung schon unterhalb dieser Werte in Betracht kommen kann, ist zweifelhaft und könne offenbleiben.
2. Bußgeldrechtliches Fahrverbot (§ 25 StVG, § 4 BKatV)
Hinweise:
- Zu Rechtsgrundlagen und Systematik des bußgeldrechtlichen Fahrverbots wird verwiesen auf Deutscher, in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl. 2015, Rn 1461 ff., 1721 ff.
- Zur Entwicklung des straßenverkehrsrechtlichen Fahrverbots im Jahr 2015 näher Deutscher NZV 2016, 209. Vermeintlich restriktive Tendenzen beim Wegfall des Regelfahrverbots in der neueren Rechtsprechung vor allem des OLG Bamberg beschreibt Deutscher VRR 8/2016, 4; 9/2016, 4.
a) Tatbestandsvoraussetzung des Fahrverbots
Erfolgt die Geschwindigkeitsmessung unter einem Verstoß gegen die Richtlinien zur Verkehrsüberwachung (etwa in einem zu geringen Abstand zum Verkehrsschild), ist das für den festgestellten Geschwindigkeitsverstoß und damit für das festzusetzende Bußgeld grundsätzlich unbeachtlich. Wenn bei Einhaltung der Richtlinie die Indizwirkung des Fahrverbots entfallen würde, kann das Tatgericht bei entsprechender Begründung, aus Gründen der Gleichheit von der Verhängung eines Fahrverbots absehen (sog. Wegfall des Handlungsunwerts; OLG Frankfurt NZV 2016, 444 = DAR 2016, 395 = NStZ-RR 2016, 226 = VRR 8/2016, 14 [Deutscher]). Ein defekter Tachometer soll den Handlungsunwert eines Geschwindigkeitsverstoßes mit der Folge des Wegfalls des Fahrverbots herabsetzen (AG Lüdinghausen NZV 2016, 294 = zfs 2016, 413 m. Anm. Krenberger).
Ein Augenblicksversagen kann nach den Vorgaben des BGH (BGHSt 43, 241 = NZV 1997, 525) zum Wegfall der Tatbestandswirkung des Regelfalls für die Anordnung eines Fahrverbots führen. Bei einem Rotlichtverstoß rechtfertigt eine Verwechslung des Rotlichts der für den fließenden Verkehr maßgeblichen Lichtzeichenanlage mit dem Grünlicht der in gleiche Richtung führenden Fußgängerampel regelmäßig nicht den Wegfall des verwirkten Fahrverbots wegen Augenblicksversagens (OLG Bamberg NZV 2016, 243 [Ls.] = zfs 2016, 50 m. Anm. Krenberger; VRR 5/2016, 17 [Deutscher]). Es muss sich um eine gleichsam spontane Fehlreaktion innerhalb eines Verkehrsgeschehens handeln, was nicht der Fall ist, wenn das fragliche Fehlverhalten des Betroffenen bereits vorgelagert war (OLG Bamberg VRR 7/2016, 18 [Deutscher]).
b) Erforderlichkeit des Fahrverbots
Ein erheblicher Zeitablauf (Richtwert: Mindestens zwei Jahre) zwischen Tat und Ahndung lässt nach allgemeiner Ansicht die Erforderlichkeit des Fahrverbots entfallen. Zum strafrechtlichen Fahrverbot nach § 44 StGB hat das OLG Stuttgart (NZV 2016, 292 = StRR 7/2016, 19 = VRR 7/2016, 14 [jew. Burhoff]) entschieden, dass bei der Frage, ob wegen Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen ist, die zwischen der angefochtenen Entscheidung und der Entscheidung des Revisionsgerichts verstrichene Zeit nicht zu berücksichtigen sei. Das entspricht der allerdings nicht unbestrittenen Ansicht beim bußgeldrechtlichen Fahrverbot (näher m. Nw. Burhoff/Deutscher, a.a.O., Rn 1449).
c) Angemessenheit des Fahrverbots
Das Absehen vom Fahrverbot wegen angedrohter Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann keinen Bestand haben, wenn der Tatrichter seine Feststellungen ausschließlich auf die durch ein verlesenes Schreiben des Arbeitgebers untermauerten Angaben des Betroffenen stützt und die Urteilsgründe eine kritische Auseinandersetzung, ob sich seine Angaben im Ergebnis lediglich als durch das Fahrverbot bedingte berufliche Nachteile oder Unbequemlichkeiten darstellen, vermissen lassen (KG NJW 2016, 1110 m. Anm. Krumm = DAR 2016, 281). Macht der Betroffene mit Blick auf ein bußgeldrechtliches Fahrverbot geltend, aus gesundheitlichen Gründen (Reisekrankheit) weder Mitfahrmöglichkeiten als Bei- oder Mitfahrer noch öffentliche Verkehrsmittel nutzen zu können, sondern auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs als dessen Fahrer angewiesen zu sein, darf sich das Tatgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung auch dann nicht mit einer einseitig unkritischen Würdigung der Betroffeneneinlassun...