1. Fahrtenbuch (§ 31a StVZO)
a) Halter
Die aus der Eintragung als Halter im Fahrzeugregister folgende Indizwirkung kann durch plausibles und substantiiertes Vorbringen entkräftet werden. Da die für und gegen eine Haltereigenschaft streitenden Umstände in der Sphäre des im Fahrzeugregister eingetragenen Halters liegen, trifft ihn eine Prozessförderungspflicht, unter Angabe von Einzelheiten einen stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich ergibt, dass die Verfügungsbefugnis über das betreffende Fahrzeug einem anderen zusteht (OVG Lüneburg zfs 2016, 417).
Hinweis:
Im Zusammenhang mit einem Herausgabeverlangen weist das OVG Saarlouis (NJW 2016, 344 = NZV 2016, 351) allerdings darauf hin, dass sich das Eigentum an einem Kfz weder aus Teil I (früher: Fahrzeugschein) noch aus Teil II (früher: Fahrzeugbrief) der Zulassungsbescheinigung ergibt.
b) Anhörung
Die Behörde kann den Zugang mit einfacher Post versandter Anhörungen des Fahrzeughalters im Wege des Anscheinsbeweises nachweisen, wenn zumindest der Versand hinreichend belegt ist (VGH München DAR 2016, 286 = zfs 2016, 297). Ist das Berufungsgericht mit eingehender, auf die Umstände des Einzelfalls abstellender Begründung davon ausgegangen, dass die Behauptung der Klägerin unglaubhaft ist, keines der Anhörungsschreiben erhalten zu haben, ist auch im Revisionsverfahren vom Zugang jedenfalls eines Anhörungsschreibens auszugehen (BVerwG DAR 2016, 340). Führt die schriftliche Anhörung erfahrungsgemäß wenn überhaupt nur in Einzelfällen zu einer erfolgreichen Aufklärung des Verkehrsverstoßes, etwa die Anhörung einer in Rumänien wohnhaften Person, führt das Absehen von einer schriftlichen Anhörung oder von Auslandsermittlungen nicht zu einem Ermittlungsdefizit (VG Düsseldorf DAR 2016, 220 m. Bespr. Melkos 234). Vereitelt die Behörde im Ordnungswidrigkeitenverfahren die Akteneinsicht seitens des Antragstellers als Halter eines Fahrzeugs, so steht dies nach VG Sigmaringen (DAR 2016, 475) der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage allerdings entgegen.
c) Schwere des Verstoßes
Auch nach Inkrafttreten des neuen Punktesystems zum 1.5.2014 handelt die Straßenverkehrsbehörde nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie die Dauer der Fahrtenbuchauflage grundsätzlich an der vom Verordnungsgeber in der Anlage 13 zur FeV erfolgten Bewertung orientiert und auf eine weitere Binnendifferenzierung verzichtet. Bei einem unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstoß, der mit einem Punkt in das Fahreignungsregister einzutragen gewesen wäre, ist eine Fahrtenbuchauflage für einen Zeitraum von zwölf Monaten nicht unverhältnismäßig (OVG Münster NJW 2016, 968 = NZV 2016, 295; zfs 2016, 358).
2. Abschleppkosten nach Parkverstoß (Polizei- und Ordnungsrecht)
a) Erforderliche Ermittlungen
Die einschreitenden Polizeibeamten sind im Falle einer Abschleppmaßnahme auch dann zu einer Halterfeststellung und Benachrichtigung nicht verpflichtet, wenn die Abschleppmaßnahme in einer Wohnstraße durchgeführt wird und die Möglichkeit besteht, dass sich die Wohnungsanschrift des Halters in unmittelbarer Nähe zu dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug befindet (VG Bremen DAR 2016, 347 [Ls.]). Das über mehr als vier Wochen andauernde Abstellen eines Bootsanhängers ohne Kennzeichen auf öffentlichem Straßengrund stellt eine Sondernutzung dar und berechtigt die Behörde zum Abschleppen des Fahrzeugs, denn das Fahrzeug ist dann in rechtlichem Sinne nicht fahrbereit, auch wenn es noch zugelassen ist (VG Ansbach DAR 2016, 343 [Ls.]).
b) Nachschaupflicht hinsichtlich der Beschilderung
Zur Nachschaupflicht des sein Fahrzeug abstellenden Verkehrsteilnehmers bezüglich der Beschilderung hat sich das BVerwG geäußert (NJW 2016, 2353 = zfs 2016, 474 = VRR 8/2016, 17 [Burhoff]): Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr äußern ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn sie so aufgestellt oder angebracht sind, dass ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen ohne Weiteres erkennen kann, dass ein Gebot oder Verbot durch Verkehrszeichen verlautbart wurde. Zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer nur verpflichtet, wenn hierfür nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass besteht (anders insoweit die im letzten Bericht mitgeteilte Ansicht des OVG Berlin-Brandenburg DAR 2016, 712 als Vorinstanz).
Abschließender Hinweis:
Zur Stilllegung eines Kfz nach Erlöschen der Haftpflichtversicherung BVerwG NJW 2016, 2199.
Autor: Richter am Amtsgericht Dr. Axel Deutscher, Bochum
ZAP F. 9 R, S. 1113–1126