Das Europäische Parlament in Straßburg hat am 5. Oktober mit großer Mehrheit der Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft zugestimmt, um die jahrelang gerungen worden war (vgl. dazu zuletzt ZAP Anwaltsmagazin 9/2017, S. 451 f.). Sie soll künftig den Missbrauch von EU-Geldern sowie schweren Mehrwertsteuerbetrug verfolgen. Bislang können auch bei Betrug zum Nachteil von EU-Geldern, wie z.B. vorsätzlicher Missbrauch von EU-Strukturfonds oder grenzüberschreitender Mehrwertsteuerbetrug, nur die nationalen Behörden Ermittlungen und strafrechtliche Verfolgungen einleiten. Ihre Zuständigkeit endet jedoch an den Staatsgrenzen.
Die neue Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO, European Public Prosecutor's Office) soll dagegen künftig einen raschen Informationsaustausch, koordinierte polizeiliche Ermittlungen, schnelles Einfrieren und rasche Beschlagnahme von Erträgen aus Straftaten sowie die Verhaftung von Verdächtigen über Grenzen hinweg ermöglichen. Sie soll eng mit der EU-Justizbehörde Eurojust und dem EU-Betrugsbekämpfungsamt OLAF zusammenarbeiten und sie ergänzen, um eine erfolgreichere Strafverfolgung und eine bessere Wiedereinziehung betrügerisch entwendeter Steuergelder zu gewährleisten.
Die EPPO-Zentralstelle wird ihren Sitz in Luxemburg haben, mit einem Chefankläger und Staatsanwälten aus allen teilnehmenden Ländern, die die täglichen strafrechtlichen Ermittlungen leiten werden, die von delegierten Staatsanwälten in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten durchgeführt werden. Die neue Stelle wird voraussichtlich zwischen 2020 und 2021 einsatzbereit sein. Teilnehmen werden nicht alle EU-Mitgliedstaaten, sondern zunächst nur 20 Länder (vgl. dazu auch ZAP Anwaltsmagazin a.a.O.). Die übrigen acht Staaten – Schweden, die Niederlande, Malta, Ungarn, Polen, das Vereinigte Königreich, Irland und Dänemark – können der Zusammenarbeit jedoch jederzeit beitreten.
Die zuständige Berichterstatterin im Europäischen Parlament, die Italienerin Barbara Matera, kommentierte den Straßburger Beschluss mit den Worten: "Dank der europäischen Staatsanwaltschaft, die die Arbeit der nationalen Staatsanwälte in einem europäischen Gremium vereinheitlichen wird, werden die Mängel bisher unkoordinierter nationaler Ermittlungen bei Missbrauch von EU-Mitteln behoben. Hoffentlich können die Befugnisse der EU-Staatsanwaltschaft in naher Zukunft auch grenzüberschreitende Verbrechen wie Terrorismus und Menschenhandel umfassen."
[Quelle: EU-Parlament]