Hinweis:
Zu Rechtsgrundlagen und Systematik des bußgeldrechtlichen Fahrverbots wird verwiesen auf Deutscher (in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2017, Rn 1355 ff., 1586 ff.).
a) Tatbestand des Fahrverbots
Wird von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot wegen einer innerorts begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung mit der Begründung abgesehen, dass die Messung entgegen der polizeilichen Verkehrsüberwachungsrichtlinien in einem zu geringen Abstand zu der das Ende der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit markierenden Ortstafel durchgeführt wurde, haben sich die Urteilsgründe dazu zu verhalten, ob sachliche Gründe für die Wahl und Einrichtung der konkreten Messstelle bestanden haben (OLG Bamberg DAR 2017, 384). Lässt sich bei einem möglichen Augenblicksversagen der Betroffene dahin ein, er habe wahrscheinlich die Beschilderung der Geschwindigkeitsbegrenzung übersehen, muss der Tatrichter die Art und Weise der Beschilderung feststellen und in einem zweiten Schritt prüfen, ob ein Augenblicksversagen vorliegt (OLG Jena NZV 2017, 289 [Deutscher]). Nimmt ein Kfz-Führer ein Verkehrszeichen über die zulässige Höchstgeschwindigkeit optisch wahr, ist er aber wegen eines darunter befindlichen Überholverbotszeichens und hierzu angebrachter Zusatzschilder der Meinung, dies beziehe sich nicht auf ihn, so unterliegt er keinem Tatbestandsirrtum, sondern einem Verbotsirrtum. Ein solcher (vermeidbarer) Verbotsirrtum führt aber nicht in jedem Fall zwangsläufig zum Wegfall des an sich verwirkten Regelfahrverbots. Vielmehr kommt dies nur in Ausnahmefällen in Betracht, wobei auf den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Rechtsgedanken des Augenblicksversagens zurückgegriffen werden kann (OLG Bamberg NZV 2017, 391 [Staub]). Irrt der Betroffene feststellbar über die Funktionsfähigkeit einer Lichtzeichenanlage ("Dauerrot") und begeht dann einen sog. qualifizierten Rotlichtverstoß, so ist trotz vorsätzlichen Losfahrens nur wegen eines fahrlässigen einfachen Rotlichtverstoßes zu der hierfür vorgesehenen Regelgeldbuße ohne Fahrverbot zu verurteilen (AG Dortmund DAR 2017, 282 = zfs 2017, 353 m. Anm. Krenberger = NZV 2017, 391 [Staub]). Für die Verwirkung eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots aufgrund eines Regelfalls der Beharrlichkeit i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 1 Alt. 2. StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV kommt es weder darauf an, ob sich der neuerliche Verkehrsverstoß zugleich als Regelfall nach § 4 Abs. 1 S. 1 BKatV darstellt, noch darauf, dass der Betroffene bislang erst eine einschlägige Voreintragung aufweist, oder darauf, dass die Jahresfrist des § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV nur knapp unterschritten worden ist (OLG Bamberg VRR 4/2017, 5 u. 4/2017, 18 [Deutscher]).
b) Erforderlichkeit des Fahrverbots
Die Teilnahme an der verkehrspsychologischen Maßnahme "Mobil Plus Prävention" soll für sich genommen noch nicht genügen, um von der Verhängung eines Fahrverbots abzusehen (OLG Zweibrücken zfs 2017, 471 m. Anm. Krenberger). Ein Fahrverbot kann seinen Sinn verlieren, wenn die zu ahndende Tat lange zurückliegt, die für die lange Verfahrensdauer – in aller Regel zwei Jahre seit der Tat – maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten im Straßenverkehr festgestellt worden ist (OLG Stuttgart NZV 2017, 342 [Deutscher]).
c) Angemessenheit des Fahrverbots
Bei abhängig Beschäftigten ist die Anordnung eines Fahrverbots unangemessen, wenn dies zum Verlust des Arbeitsplatzes führen würde und die drohende Existenzgefährdung nicht durch anderweitige, zumutbare Maßnahmen abgewendet werden kann, etwa durch Verbüßung während des Urlaubs unter Berücksichtigung des bis zu viermonatigen Vollstreckungsaufschubs nach § 25 Abs. 2a StVG. Sieht das Tatgericht von der Verhängung eines Regelfahrverbots wegen eines Härtefalls ab, so stellt es einen sachlich-rechtlichen Fehler dar, wenn die den Härtefall begründenden Feststellungen auf der Einlassung des Betroffenen beruhen, der Tatrichter die Richtigkeit dieser Einlassung aber nicht überprüft hat; dies gilt auch bei einer vermeintlichen Angewiesenheit des Betroffenen auf das Kfz wegen Erkrankung (OLG Bamberg zfs 2017, 233; auch KG NZV 2017, 441 [Krenberger]). Kommt die Anordnung eines Regelfahrverbots in Betracht, besteht für die Gerichte keine Verpflichtung, die Angemessenheit des verhängten Regelfahrverbots besonders zu begründen, wenn keine Anhaltspunkte für ein Abweichen vorliegen. Der Tatrichter muss nicht ausdrücklich feststellen, dass der durch das Fahrverbot angestrebte Erfolg auch mit einer erhöhten Geldbuße erreicht werden kann. Er muss sich dessen aber ausweislich der Gründe der Entscheidung bewusst gewesen sein. Ist aus den Urteilsgründen zu erkennen, dass der Tatrichter von einem "Fall mit durchschnittlichem Gepräge", also dem Regelfall, ausgegangen ist, wird ausreichend deutlich, dass er in diesem Einzelfall keine Veranlassung hatte, durch Erhöhung der Geldbuße ausnahmsweise von dem Regelfahrverbot abzusehen (KG VRS 130, 251 = NZV 2017, 191 [Deutscher]).
d) Vollstreckung des Fahrverbots
Mit Wirkung zum 24...