Die Obergerichte verteidigen weiterhin standhaft ihre Grundsätze zum standardisierten Messverfahren und deren Folgen für das Bußgeldverfahren. Dabei handelt es sich um ein durch Normen vereinheitlichtes technisches Verfahren, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGHSt 39, 291 = NJW 1993, 3081, 3083; BGHSt 43, 277 = NJW 1998, 321, 322). Bei seiner Anwendung gilt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis: Ohne konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler genügt das Gericht mit der Feststellung von Messverfahren und Toleranzabzügen seiner Aufklärungs- und Darstellungspflicht (Regelfall). Anderes gilt nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für einen Messfehler (Ausnahme), wofür es regelmäßig konkreter, einer Beweiserhebung zugänglichen Einwände des Betroffenen bedarf. Im Grundsatz genügt im Urteil die Angabe des verwendeten standardisierten Messverfahrens und des abgezogenen Toleranzwertes. Die Behauptung, dass es bei einem bestimmten Messverfahren zu Messungenauigkeiten von "bis zu 2 km/h" kommen könne, soll jedenfalls dann dem Tatgericht keinen für die Rechtsbeschwerde relevanten konkreten Anhaltspunkt für eine erörterungsbedürftige Fehlerquelle der Messung bieten, wenn die behauptete Messungenauigkeit weniger als den vorgenommenen Toleranzabzug beträgt und die Fehlerquelle von Seiten des Betroffenen behauptet wurde (OLG Hamm NZV 2017, 194 [Krenberger]). Auch an der Vorgabe, der Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) solle die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zukommen, mit dem die generelle Zuverlässigkeit und Geeignetheit des Messgeräts verbindlich festgestellt ist, wird eisern festgehalten (OLG Zweibrücken DAR 2017, 390 = zfs 2017, 350).
Die Obergerichte halten weiter daran fest, dass das Messverfahren PoliScan Speed ein standardisiertes Messverfahren ist (OLG Koblenz zfs 2017, 412; OLG Saarbrücken NZV 2017, 393 [Krenberger]; OLG Zweibrücken DAR 2017, 172 = VRR 3/2017, 19 [Burhoff]; a.A. AG Mannheim DAR 2017, 213 = zfs 2017, 114; Einstellung gem. § 47 Abs. 2 OWiG). Für die Messrichtigkeit soll es sogar keinerlei Problem darstellen, wenn Rohmessdaten eingehen, deren Ortskoordinaten außerhalb des Messbereichs liegen (OLG Zweibrücken DAR 2017, 390 = zfs 2017, 350; ebenso OLG Karlsruhe VRR 7/2017, 22 = StRR 8/2017, 21 [jew. Deutscher]). Das Messverfahren bleibt weiterhin unter Sachverständigen umstritten (Schmedding DAR 2017, 229; Bladt DAR 2017, 290). Bei der Feststellung von Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Nachfahren mit einem Messfahrzeug unter Verwendung der Video-Verkehrsüberwachungsanlage Q handelt es sich um ein zur Geschwindigkeitsmessung standardisiertes Messverfahren (OLG Köln zfs 2017, 294). Dies gilt auch für das VAMA-Messverfahren (Video-Abstands-Messverfahren) mit dem Charaktergenerator und Timer JVC/Piller, Typ CG-P50-E, wobei die Geschwindigkeitsmessung als Vorstufe der Abstandsmessung an dem Charakter des Verfahrens als standardisiertes Messverfahren teilnimmt (OLG Zweibrücken zfs 2017, 412), sowie für die Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät M5 Speed (OLG Düsseldorf NZV 2017, 287 [Krumm] = VRR 3/2017, 17 [Deutscher]) und für das Verfahren TraffiStarS350 (AG Mettmann DAR 2017, 401 = VRR 8/2017, 19 = StRR 6/2017, 21 [jew. Deutscher]). Das AG Mettmann (a.a.O.) meinte auch, ein Verstoß gegen § 48 Abs. 2 S. 3 OBG NW, nach dem die Überwachung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen nur mit in fest installierten Anlagen (der Polizei) eingesetzten technischen Geräten erfolgen darf, führe nicht zu einem Beweisverwertungsverbot für eine Geschwindigkeitsmessung durch die unzuständige Ordnungsbehörde (ähnl. nunmehr auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.8.2017 – IV-3 RBs 167/17, juris). Ein standardisiertes Messverfahren liegt bei Verwendung des Messgeräts Riegl LR90-235/P wegen fehlender Zuordnungssicherheit bei einer Geschwindigkeitsmessung in 302 m-Entfernung hingegen nicht vor (AG Dortmund zfs 2017, 472 m. Anm. Krenberger).
Hinweis:
Zur Kostentragungspflicht des Betroffenen für Sachverständigenkosten vgl. LG Rostock (DAR 2017, 400).
Nicht standardisiert ist die Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren. Hier sind eingehende Feststellungen zu treffen. Bei einer bei Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen durchgeführten Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren sind zusätzlich Angaben über die Beobachtungsmöglichkeiten der Polizeibeamten, insbesondere zum Abstand der Fahrzeuge und zur Sicht- und Beleuchtungssituation vor Ort erforderlich. Je kürzer die Messstrecke ist, umso genauer sind die Umstände der Messung darzustellen (OLG Hamm DAR 2017, 389 m. Anm. Deutscher).