1. Betriebsgefahr und deren Zurechnung (§§ 7, 9 StVG)
a) Betriebsgefahr
Erneut mussten sich die Gerichte mit Fragen der Betriebsgefahr beschäftigen. Bei einem berührungslosen Unfall ist Voraussetzung für die Zurechnung des Betriebs eines Kraftfahrzeugs zu einem schädigenden Ereignis, dass es über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (BGH NJW 2017, 1173 = NZV 2017, 176 m. Anm. Quaissier = DAR 2017, 135 m. Anm. Schneider 268 = zfs 2017, 315 = VRR 4/2017, 8 [Schulz-Merkel]. Entsteht durch die Selbstentzündung eines in einer Lagerhalle länger abgestellten Lkws ein Brand, in dessen Folge ein Feuerwehrfahrzeug beschädigt wird, ist der Schaden nicht bei dem Betrieb des Lkws entstanden (LG Heidelberg VRR 7/2017, 14 [Nugel] in Abgrenzung zu der weitergehenden Entscheidung BGHZ 199, 377 = NJW 2014, 1182 = NZV 2014, 207 m. Anm. Herbers = DAR 2014, 196 m. Anm. Schwab = VRR 2014, 143 [Notthoff]). Ein Kfz in einer Waschstraße befindet sich nicht in Betrieb i.S.d. § 7 StVG, wenn es sich um einen automatisierten Waschvorgang handelt, bei dem das Fahrzeug mit ausgeschaltetem Motor auf einem Förderband durch die Waschstraße bewegt wird und der Fahrer keinen Einfluss auf den Ablauf des Waschvorgangs hat. Anders ist es aber, wenn der eigentliche Waschvorgang bereits beendet ist, das Fahrzeug das Förderband, über das es zuvor automatisch gezogen worden war, wieder verlassen hat und es nunmehr gehalten ist, den Verkehrsraum durch eigene Motorkraft zu verlassen (LG Kleve NZV 2017, 235 [Lempp]).
Hinweis:
Durch das 8. Gesetz zur Änderung des StVG vom 16.6.2017 (BGBl I, S. 1648) sind mit Wirkung zum 21.6.2017 nunmehr Regelungen zu Kfz mit hoch- und vollautomatischer Fahrfunktion ("automatisiertes Fahren") in das StVG aufgenommen worden (zu verschieden Aspekten König NZV 2017, 249; Lange NZV 2017, 345; Nugel VRR 8/2017, 4; Schmid/Wessels NZV 2017, 357; Singler NZV 2017, 353; zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit Sander/Hollering NStZ 2017, 193).
b) Zurechnung zum Sicherungseigentümer?
Immer mehr Kfz werden als Leasingfahrzeug oder kreditfinanziert mit Absicherung durch Sicherungsübereignung erworben. Für die Frage der Zurechnung der Betriebsgefahr beim nichthaltenden Sicherungseigentümer hat der BGH (NJW 2017, 2352 m. Anm. Herbers = DAR 2017, 460 m. Anm. Geiger = VRR 10/2017, 8 [Deutscher]) die Grundsätze zu Schadensersatzansprüchen des nichthaltenden Leasinggebers übertragen (BGHZ 173, 182 = NJW 2007, 3120 und BGHZ 187, 379 = NJW 2011, 996). Dem Schadensersatzanspruch des nichthaltenden Sicherungseigentümers aus § 7 Abs. 1 StVG kann die Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten Kraftfahrzeugs nicht entgegengehalten werden, wenn ein Verschulden desjenigen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, nicht feststeht. Dies gilt auch, wenn der nichthaltende Sicherungseigentümer den Halter ermächtigt hat, diesen Anspruch im Wege gewillkürter Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Als Folge wird bei sicherungsübereigneten Fahrzeugen vielfach unabhängig von der Haftungsquote nach dem StVG im Ergebnis voller Sachschadensersatz zu leisten sein. Das wird von einigen als unbillig angesehen und eine Gesetzesänderung gefordert (Heß, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, StVR, 24. Aufl. 2016, § 9 StVG Rn 9b; Buchholz/Rabe NJW-Spezial 2017, 393).
2. Anscheinsbeweis (§§ 7 ff. StVG), hier: Auffahrunfall auf BAB
Wieder einmal hat sich der BGH zum Anscheinsbeweis geäußert (NJW 2017, 1177 m. Anm. Geipel = NZV 2017, 276 m. Anm. Nugel= DAR 2017, 196 = zfs 2017, 276 m. Anm. Diehl): Bei Auffahrunfällen kann, auch wenn sie sich auf Autobahnen ereignen, der erste Anschein dafür sprechen, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 Abs. 1 StVO), unaufmerksam war (§ 1 StVO) oder mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (§ 3 Abs. 1 StVO). Der Auffahrunfall reicht als solcher als Grundlage eines Anscheinsbeweises aber dann nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die – wie etwa ein vor dem Auffahren vorgenommener Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs – als Besonderheit gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene Typizität sprechen. Bestreitet der Vorausfahrende den vom Auffahrenden behaupteten Spurwechsel und kann der Auffahrende den Spurwechsel des Vorausfahrenden nicht beweisen, so bleibt – in Abwesenheit weiterer festgestellter Umstände des Gesamtgeschehens – allein der Auffahrunfall, der typischerweise auf einem Verschulden des Auffahrenden beruht. Es ist nicht Aufgabe des sich auf den Anscheinsbeweis stützenden Vorausfahrenden zu beweisen, dass ein Spurwechsel nicht stattgefunden hat.
3. Sachschäden (§ 249 BGB)
a) Unfallbeschädigtes Taxi
Wählt der Eigentümer eines durch einen Verkehrsunfall beschädigten Taxis den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind, wenn ein Markt für die Ersatzbeschaffung eines Gebrauchtwagens mit Taxiausrüstung nicht existiert, die Umrüstung eines im Übrigen gleichwertigen Gebrauchtwagens zu einem Taxi jedoch mit verhältnismäßige...