Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Brückenteilzeit (vgl. dazu ZAP Anwaltsmagazin 13/2018, S. 652) ist bei Sachverständigen überwiegend auf Skepsis gestoßen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hatte für den 15. Oktober zu einer Anhörung über den Gesetzentwurf und über einen Änderungsantrag aus dem Bundestag eingeladen. Während Arbeitgebervertreter den Regierungsplan als überflüssigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit werteten, kritisierten Arbeitnehmervertreter vor allem die im Entwurf enthaltene Festlegung auf bestimmte Betriebsgrößen.
Der Entwurf sieht vor, einen gesetzlichen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeit (Brückenteilzeit) neu einzuführen. In Betrieben mit mehr als 45 Beschäftigten sollen Arbeitnehmer, wenn sie bereits mehr als sechs Monate dort beschäftigt sind, künftig eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit verlangen können. Dies soll für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitpunkt von einem Jahr bis zu fünf Jahren möglich sein. Der neue Anspruch ist nicht an bestimmte Gründe gebunden. Nach Ablauf der Brückenteilzeit sollen die Beschäftigten auf ihre ursprünglich vereinbarte Arbeitszeit zurückkehren können. Für Betriebe von 46 bis 200 Beschäftigten wird eine Zumutbarkeitsgrenze eingeführt: Diese Arbeitgeber sollen pro 15 Arbeitnehmern den Anspruch auf Brückenteilzeit nur jeweils einem Beschäftigten gewähren müssen.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) lehnt die Pläne ab. Ein befristeter Teilzeitanspruch entziehe den Betrieben die Souveränität über die Arbeitszeitgestaltung. Um der mittelständischen Struktur dieser Betriebe gerecht zu werden, solle jedenfalls für die Berechnung des Schwellenwertes auf den Betrieb als organisatorische Einheit und nicht auf das Unternehmen abgestellt werden, fordert der ZDH. So könne vermieden werden, dass die Arbeitnehmer aller Filialen und Betriebsteile größerer Betriebe bei der Schwellenwertberechnung addiert werden müssten, schreibt der Verband in seiner Stellungnahme.
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall kritisiert in seiner Stellungnahme, dass das Arbeitsverhältnis ein zweiseitiger Vertrag sei, an den beide Vertragsparteien gebunden seien. Der Gesetzgeber verschiebe dieses Grundverständnis hin zu einem einseitig allein vom Arbeitnehmer frei gestaltbaren Vertragsverhältnis.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beanstandet, dass der Entwurf hinter den gewerkschaftlichen Forderungen zurück bleibe. Die Begrenzung des Rechts auf Brückenteilzeit auf Arbeitgeber mit mehr als 45 Arbeitnehmern und die Quotierung dieses Rechts mittels Zumutbarkeitsquote bei Arbeitgebern mit 46 bis 200 Arbeitnehmern führten dazu, dass auch künftig ein erheblicher Teil der Beschäftigten nicht davon profitieren könne, so der DGB.
Der Rechtswissenschaftler Gregor Thüsing begrüßte den Ansatz der Bundesregierung. Dennoch kritisierte er u.a., dass eine Begrenzung des Anspruchs auf gesamtgesellschaftlich wertvolle Motive der Reduzierung (Pflege, Erziehung) nicht vorgesehen ist. Stattdessen sei von einem "arbeits-, gleichstellungs- und familienpolitischen Anliegen" die Rede. Das sei zu weitgehend. Ungleiches werde gleich behandelt. Wer seine Mutter pflegen wolle, werde genauso gestellt, wie der, der beabsichtigt, sein Golf-Handicap zu verbessern, so Thüsing in seiner Stellungnahme.
Trotz dieser überwiegenden Kritik aus den Reihen der geladenen Experten beschloss der Ausschuss am 17. Oktober, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ohne Änderungen zuzustimmen.
[Quelle: Bundesregierung]