Die Bundesregierung hat Mitte Oktober den Bericht über die Erfahrungen mit der Anwendung des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vorgelegt. Mit dem Gesetz vom Dezember 2011 (BGBl I, S. 2582) sollten die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung notleidender Unternehmen verbessert und die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Insolvenzverfahren stärker als bisher auch als Chance zur Sanierung genutzt werden. Wesentliche Bestandteile des ESUG sind u.a. die Stärkung der Gläubigerrechte bei der Auswahl von Insolvenzverwaltern und die Stärkung der Eigenverwaltung (vgl. näher zu dem Gesetz Pape ZAP F. 14, S. 629 ff.). Der Bundestag hatte die Bundesregierung mit Beschluss vom 27.10.2011 beauftragt, die Erfahrungen mit der Anwendung des ESUG fünf Jahre nach dessen Inkrafttreten zu evaluieren und dem Bundestag anschließend unverzüglich Bericht zu erstatten.
In dieser Unterrichtung heißt es nun, die durch das Gesetz eingeführten Änderungen seien in den vergangenen fünf Jahren in der Praxis weitgehend positiv angenommen worden. Auch die Befragung der Experten weise überwiegend positive Erfahrungen aus. Die Evaluation sieht an einigen Stellen des Gesetzes aber auch deutliche Mängel.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) sieht sich durch diese Ergebnisse in seinen Forderungen bestätigt. Seine Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung weist seit längerem auf die Schwachstellen des Gesetzes hin. So habe die Evaluation klare Mängel beim Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung erkannt. "Nach aktueller Rechtslage haben Gerichte keine eigene Prüfungsmöglichkeit, so dass die Eigenverwaltung im Antragsverfahren ‚durchläuft‘", erläuterte Rechtsanwalt Jörn Weitzmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. "Wir fordern schon lange, dass ein solches Verfahren nur dann möglich sein sollte, wenn der Antragsteller Sanierungseignung und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens sowie den Sanierungswillen nachweisen kann." Dazu gehöre etwa der Nachweis, dass man nicht nachhaltig gegen handelsrechtliche, steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Pflichten verstoßen hat. Unabdingbar sei außerdem, dass ein unabhängiger Sachwalter bestellt werde. Nur dieser kann zusammen mit einem professionellen Insolvenzgericht die Effektivität und Effizienz des Verfahrens sicherstellen.
Auch beim Schutzschirmverfahren habe die Studie Nachbesserungsbedarf erkannt. Dieses Verfahren habe wegen Interessenkonflikten zwischen den Verfahrensbeteiligten die Erwartungen eher nicht erfüllt. Der Schutzschirm entspreche, so der DAV, von der Idee her dem präventiven Restrukturierungsrahmen, spiele aber bislang keine Rolle. Der Grund dafür liege darin, dass betroffene Unternehmen den Insolvenzantrag oft nicht rechtzeitig stellen würden. Der präventive Restrukturierungsrahmen dürfe allein denjenigen Unternehmen offenstehen, bei denen eine Insolvenzreife nur drohe, aber noch nicht eingetreten sei. Gefordert werden müsse die Vorlage eines Liquiditätsplans für einen Zeitraum von sechs Monaten, beginnend mit dem Antrag, und die Offenlegung der Planungsprämissen. Dann könnten alle Beteiligten einen Mehrwert erzielen. Entscheidend sei dabei ein ausgewogenes Anreizsystem für Gläubiger und Schuldnerinteressen und die Transparenz des Verfahrens zur Vermeidung von Informationsasymmetrien, so der DAV. Dieses könne durch professionell begleitete Verfahren und u.a. dadurch erfolgen, dass man die unabhängige Stellung des Sachwalters und die Position der einzelnen Gläubigerausschussmitglieder stärke.
Auch müsse man die Gesamtkosten berücksichtigen. Da Berater nur einen Teil der gefragten Kompetenzaspekte abdecken können, bestehe die Gefahr des Einsatzes weiterer Berater. Das wiederum berge die Gefahr einer explosiven Kostenausweitung, worauf die Arbeitsgemeinschaft im DAV wiederholt hingewiesen habe.
[Quellen: Bundesregierung/DAV]