Lange erwartet und mit großer Medienresonanz hat sich nunmehr der BGH zu der lange umstrittenen Frage der Verwertbarkeit der Aufzeichnungen des Verkehrsgeschehens mit sog. Dashcams im Unfallhaftpflichtprozess positioniert: Die permanente und anlasslose Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens ist mit den datenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Verwertung von sog. Dashcam-Aufzeichnungen, die ein Unfallbeteiligter vom Unfallgeschehen gefertigt hat, als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess ist dennoch zulässig (NZV 2018, 367 m. Anm. Krämer = DAR 2018, 498 m. Anm. Greger = VRR 9/2018, 7 [Niehaus]; Bespr. Kemperdiek zfs 2018, 368; Metz NZV 2018, 419). Der Senat folgt einer differenzierten Lösung, die der vom Gesetz gebotenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des Datenschutzes durch Technikgestaltung (vgl. § 9 BDSG, Art. 25 DSGVO) Rechnung trägt. Es besteht die Erforderlichkeit der Datenerhebung im Sinne eines zumutbaren mildesten Mittels. Im Zivilprozess, in dem über Recht und Rechtspositionen der Parteien innerhalb eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses gestritten wird, sind die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Streben nach einer materiell richtigen Entscheidung wichtige Belange des Gemeinwohls. Um die Wahrheit zu ermitteln, sind die Gerichte deshalb grundsätzlich gehalten, von den Parteien angebotene Beweismittel zu berücksichtigen, wenn und soweit eine Tatsachenbehauptung erheblich und beweisbedürftig ist. Dies gebieten auch der in § 286 ZPO niedergelegte Grundsatz der freien Beweiswürdigung sowie das grundrechtsähnliche Recht auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG. Aus ihnen folgt die grundsätzliche Verpflichtung der Gerichte, den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt und die von ihnen angebotenen Beweise zu berücksichtigen. Die Verwendung der Videoaufzeichnungen von Verkehrsvorgängen berühre nicht den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung.
Der BGH hat damit die Behandlung dieser Frage im Haftpflichtprozess geklärt. Es steht noch die höchstrichterliche Beurteilung für das Straf- und Bußgeldverfahren aus.
Abschließende Literaturhinweise:
Zur Entwicklung des Straßenverkehrsrechts Heß/Burmann (NJW 2018, 1141) und zur BGH-Rechtsprechung zum Haftpflichtrecht im Straßenverkehr Offenloch (DAR 2018, 302). Die Frage "Ist immer Vorfahrt drin, wenn Vorfahrt "drauf" steht?" erörtert Ternig (zfs 2018, 424). Zur Haftungsverteilung bei Parkplatzunfällen Freymann (DAR 2018, 242). Eine Rechtsprechungsübersicht zu Vertragsstrafen wegen Parkverstößen auf den Parkplätzen von Einkaufsmärkten gibt Rebler (DAR 2018, 228); zur "Halterhaftung" in solchen Fällen KG Schweinfurt (DAR 2018, 517 m. Anm. Stamer). Zum Hinterbliebenengeld Nugel (VRR 5/2018, 4) und Schwab (DAR 2018, 284). Zu Anscheinsbeweis und Parteivernehmung im Verkehrszivilprozess Reimer (NZV 2018, 258).