Der Tatrichter darf einen Entbindungsantrag ablehnen, wenn die Anwesenheit des Betroffenen ausgehend von seinen, in Einklang mit § 261 StPO stehenden Erwägungen i.S.d. § 73 Abs. 2 OWiG erforderlich ist (OLG Düsseldorf VRR 8/2018, 15 [Burhoff] = NZV 2018, 338 [Krenberger]).
Eine Krankheit stellt einen ausreichenden Entschuldigungsgrund (§ 74 Abs. 2 OWiG) dar, wenn sie nach ihrer Art und ihren Wirkungen, insbesondere nach dem Umfang der von ihr ausgehenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen, eine Beteiligung an der Hauptverhandlung unzumutbar erscheinen lässt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist dabei ein Sachvortrag zu Art oder Auswirkung der geltend gemachten Erkrankung, der dem Gericht die Grundlage für eine entsprechende rechtliche Bewertung bietet (KG NZV 2018, 434 [Rinio], s. auch oben II. 1. e).
Erscheint der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Hauptverhandlungstermin und wird sein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid durch Urteil gem. § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, so verletzt die Einspruchsverwerfung das Recht des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn seinem rechtzeitig gestellten Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu Unrecht nicht stattgegeben wurde (OLG Hamburg NZV 2018, 242 [Rinio]).
Anderes gilt allerdings in Missbrauchsfällen: Das OLG Oldenburg (NJW 2018, 641 = VRR 6/2018, 18 [Deutscher] = NZV 2018, 195 [Krenberger]) hat sich dem OLG Düsseldorf VRR 6/2017, 16 = StRR 6/2017, 19 [jew. Kroll] angeschlossen: Wurden in einem Verteidigerschriftsatz an das Bußgeldgericht die vom Verteidiger formulierten Erklärungen, die verklausuliert einen Antrag auf Entbindung des Betroffenen vom Erscheinen in der Bußgeldhauptverhandlung beinhalten, als wörtliche Rede des Betroffenen gekennzeichnet, stellt dies einen Missbrauch prozessualer Rechte dar, da dies verfahrensfremden oder verfahrenswidrigen Zwecken dient. Dieser "Kunstgriff" dient wesentlich dem Zweck, durch bewusst unklare und verklausulierte Formulierungen eine "Gehörsrügenfalle" zu schaffen. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde kann der Betroffene daher nicht mit Erfolg rügen, das rechtliche Gehör sei verletzt, weil das Gericht seinen Entbindungsantrag nicht beschieden habe. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, da er wegen missbräuchlichen Verteidigerverhaltens unzulässig ist.
Abschließende Literaturhinweise:
Aktuelle Rechtsprechung und praxisrelevante Fallkonstellationen zum Tatbegriff im Verkehrsrecht bei Fromm (zfs 2018, 309). Atemalkoholtests – Freiwilligkeit, Belehrungspflicht und Rechtsfolge bei fehlender Belehrung werden behandelt von Urbanczyk/Homann (DAR 2018, 402). Den Fahrlässigkeitstatbestand bei Drogenfahrten nach § 24a Abs. 3, 4 StVG erläutert Rebler (NZV 2018, 417). Zur Fahreigenschaft eines alkoholisierten, sich auf dem Beifahrersitz eines verunfallten Fahrschulwagens befindende und noch abbremsenden Fahrlehrers LG Münster (zfs 2018, 169 m. Anm. Krenberger = NZV 2018, 243 [Kerkmann]). Die Halterhaftung im ruhenden Verkehr nach § 25a StVG erläutert Krumm (NZV 2018, 310). Beim Eichschein handelt es sich um eine Urkunde, so dass eine Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO ausscheidet (OLG Bamberg DAR 2018, 279). Dem alleinigen Geschäftsführer einer GmbH kann ein an ihn persönlich wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten gerichteter Bußgeldbescheid unter der Adresse der Gesellschaft wirksam durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt werden (VGH Mannheim NJW 2018, 2507 = DAR 2018, 467). Die Widerspruchslösung des BGH im verkehrsrechtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahren erörtert Rebler (NZV 2018, 209). Zur Unzulässigkeit der Erzwingungshaft bei Zahlungsunfähigkeit AG Dortmund (DAR 2018, 396, zur Berechnung der Dauer LG Berlin StraFo 2018, 310 = NZV 2018, 388 [Sandherr]). Die Einziehung im OWi-Recht (§ 29a OWiG) beschreibt Rebler (DAR 2018, 411).