1. Fahrtenbuch
Benennt der Halter den Fahrzeugführer erst nach Ablauf der Verjährungsfrist, ermöglicht dies nicht (mehr) die Feststellung i.S.d. § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO. Der Fahrzeugführer muss so rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist bekannt werden, dass die begangene Verkehrsordnungswidrigkeit mit Aussicht auf Erfolg geahndet werden kann und daran anknüpfende straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen eingeleitet werden können. Die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage für die Dauer eines Jahres erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig, selbst wenn ein Antragsteller bisher "nicht in Erscheinung getreten" sein sollte bzw. hinsichtlich des Tatfahrzeugs zuvor keine Verkehrsordnungswidrigkeit aktenkundig geworden sein sollte. Bei einem unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstoß, der mit einem Punkt in das Fahreignungsregister einzutragen gewesen wäre, ist eine Fahrtenbuchauflage für einen Zeitraum von 12 Monaten nicht unverhältnismäßig (OVG Münster NZV 2018, 342 [Kratzer]). Die Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf mehrere Fahrzeuge liegt bei bedeutenden Verkehrsverstößen und einer nach Aktenlage bestehenden Neigung des Halters zu fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Verursachers von Verkehrsverstößen nahe (OVG Saarlouis DAR 2018, 226).
Der Tatbestand des § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO verlangt nicht, dass der Fahrzeughalter seiner Mitwirkungspflicht schuldhaft oder rechtswidrig nicht nachgekommen ist. Ein Rechtsanwalt muss als Halter eines Fahrzeugs an der Ermittlung des Fahrzeugführers nicht mitwirken, wenn er der Verteidiger des Fahrzeugführers ist, der den Verkehrsverstoß begangen hat. Wegen der anwaltlichen Schweigepflicht ist er aus rechtlichen Gründen daran gehindert, den Namen des Täters zu nennen. Da die Fahrtenbuchauflage der vorbeugenden Gefahrenabwehr dient und keine Sanktion für eine unterbliebene Mitwirkung darstellt, kann sie auch dann ihren Zweck erfüllen und verhältnismäßig sein, wenn der Halter seine Mitwirkung wegen der aus dem Mandantenverhältnis folgenden Schweigepflicht unterlassen hat (OVG Hamburg NJW 2018, 1032 = DAR 2018, 221).
2. Abschleppkosten nach Parkverstoß (Polizei- und Ordnungsrecht)
Ist ein ursprünglich erlaubt geparktes Fahrzeug aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone abgeschleppt worden, muss der Verantwortliche die Kosten nur tragen, wenn das Verkehrszeichen mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei vollen Tagen aufgestellt wurde. Eine stundenscharfe Berechnung des Vorlaufs findet nicht statt (BVerwG DAR 2018, 398 Ls. = NZV 2018, 438 [Schubert]). Wird ein mobiles Halteverbotsschild von einem Privaten (hier den Mitarbeitern einer privaten Firma) zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum aufgestellt, ohne dass dem eine nach Ort und Zeit konkretisierte Anordnung oder Genehmigung der Verkehrsregelung durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde zugrunde liegt, ist das Halteverbot nicht rechtswirksam angeordnet. Vom Halter eines dort geparkten Fahrzeugs kann die Behörde den Ersatz von Abschleppkosten nicht verlangen (VG Neustadt/Weinstraße NZV 2018, 199 [Koehl]). Die Polizei kann eine Sache sicherstellen, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen. Zwei eingeschlagene Scheiben stellen regelrecht eine Einladung für unbefugten Zugriff dar (VG Münster NZV 2018, 392 [Koehl]).
Abschließender Hinweis:
Zu den verwaltungsrechtlichen Folgen des "Dieselskandal" s. BVerwG (NJW 2018, 2067 = DAR 2018, 219; NJW 2018, 2074 = zfs 2018, 235; zu den Rechtsgrundlagen für solche Verkehrsverbote Will NZV 2018, 393): Erweist sich ein auf bestimmte Straßen oder Straßenabschnitte beschränktes Verkehrsverbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge als die einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerten, verlangt Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG diese Maßnahme zu ergreifen. Die Anordnung eines Verkehrsverbots muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Ein streckenbezogenes Verbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge geht seiner Eingriffsintensität nach nicht über straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahr- und Halteverbote hinaus, mit denen Autofahrer und Anwohner stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen. Sondersituationen insbesondere für Anwohner ist durch Ausnahmeregelungen Rechnung zu tragen.
Autor: Richter am Amtsgericht Dr. Axel Deutscher, Bochum
ZAP F. 9 R, S. 1093–1110