1. Zur Haftung allgemein
Vorweggeschickt sei an dieser Stelle zunächst der Hinweis, dass die deutschen Gerichte tendenziell eher recht strenge Maßstäbe an die Organisation des Spediteurs/Frachtführers anlegen und daher ein erhebliches Risiko besteht, dass der Dienstleister sich dem Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens ausgesetzt sieht, welches zu einer Durchbrechung der gesetzlich oder vertraglich vereinbarten Haftung führen kann. Zwar ist in letzter Zeit zumindest auf Ebene der Oberlandesgerichte eine Tendenz erkennbar, sich im Streitfall intensiver mit dieser Problematik auseinander zu setzen und nicht mehr so schnell eine Haftungsdurchbrechung zu Lasten des Dienstleisters zu bejahen. Bis sich diese positive Entwicklung zugunsten der beklagten Spediteure/Frachtführer jedoch manifestiert hat, dürfte noch eine Zeit vergehen.
Die Haftung ist im Bereich des Transport- und Speditionsrechts nämlich grds. limitiert. Sie wird dabei i.d.R. gewichtsbasiert berechnet. Die nach den §§ 429, 430 HGB zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung des Gutes ist nach § 431 Abs. 1 HGB auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Guts begrenzt. Die Rechnungseinheit entspricht dem Sonderziehungsrecht (SZR) des Internationalen Währungsfonds und wird taggenau berechnet; die Faustformel lautet: 8,33 SZR entsprechen 10 EUR.
§§ 449, 466 HGB erlauben es dem Dienstleister, seine Haftung innerhalb eines Korridors von 2 – 40 SZR durch AGB zu gestalten. Niedriger als 2 SZR pro kg darf die Haftung durch AGB nicht herabgesetzt werden. Die ADSp 2003 nutzten diesen Spielraum aus, indem sie die Haftung für Schäden im speditionellen Gewahrsam sowie im Bereich des Lagers auf den Betrag von 5 EUR je kg limitierten. Die ADSp 2017 gehen in diesen Bereichen stattdessen von einer Regelhaftung von 8,33 SZR je kg aus.
2. Zusammenspiel zwischen Haftung, Versicherung und Kosten
Für den Dienstleister empfiehlt es sich im Rahmen seiner Angebots- und Kostenkalkulation möglichst frühzeitig auch über möglicherweise zusätzlich einzudeckenden Versicherungsschutz für das konkrete Projekt nachzudenken. Zu ADSp 2017 und Logistik-AGB 2019 gibt es i.d.R. Standardprodukte, die jedoch nicht jeden Kundenwunsch automatisch mit abdecken. Typische Themen wie die Ausschöpfung des Haftungskorridors auf 40 SZR je kg sind in der Standardversicherungspolice oftmals bereits enthalten, bei anderen Komponenten wie bspw. der Wertdeklaration oder anderen, haftungsträchtigen Dienstleistungen gilt dies jedoch nicht.
Für den mit der Vertragsprüfung beauftragten Rechtsanwalt sollten die Regelungen zur Haftung – neben der hiervor noch zu beachtenden Rechts- und Gerichtsstandswahl – diejenigen sein, auf welche sich sein Augenmerk besonders richtet. Auch wenn es am Ende immer eine kaufmännische Entscheidung ist, inwieweit die Beteiligten bereit sind, ihnen bekannte Risiken einzugehen, kann der erfahrene Anwalt mitunter Zusatzrisiken aufdecken, die den Kaufleuten bis dato nicht bewusst gewesen sind. Gerade beim Umgang mit höherwertigen Gütern sollte man nicht außer Acht lassen, dass ein einzelner Schadensfall bereits zu erheblichen Diskussionen und Schäden führen kann.
Auch die auf den ersten Blick nur geringfügige Anhebung einer Selbstbeteiligung des Dienstleisters von bspw. 500 EUR auf 1.000 EUR je Schadensfall kann zu einer unliebsamen Überraschung führen, wenn man keinen hinreichenden Überblick über die bisherigen Schadensquoten und Schadenszahlungen hat.
3. Regelungen zur Schadensabwicklung
Die Anforderungen an den Geschädigten, wie er seinen Schaden darzulegen und zu beweisen hat, sind in der Vergangenheit weiter gestiegen und gleichzeitig werden die ersatzfähigen Schadenspositionen reduziert. Entgangener Gewinn ist bspw. nicht zwangsläufig zu ersetzen. Es kann sich daher empfehlen, im Rahmen der Vertragsgestaltung hierzu weitere Regelungen zu treffen.
Nach der Rechtsprechung des BGH und der Instanzgerichte hat der Anspruchsteller zunächst nur Anspruch auf Ersatz seiner Wiederbeschaffungskosten. Diese kann – je nach Handelsstufe, auf welcher der Geschädigte tätig ist – u.U. durch eine Einkaufsrechnung dargelegt werden. Bei einem produzierenden Unternehmen existiert solch in Dokument nicht. Nachvollziehbarerweise zögert der Kunde auch, seine Kalkulation (und die möglicherweise zu erzielenden Margen) offenzulegen. Vor diesem Hintergrund kann es hilfreich sein, Regelungen zu schaffen, wie im Schadensfall abgerechnet werden soll. Beispiele: Verkaufsrechnung an externe Dritte minus x %.
Zur Vermeidung unnötiger Diskussionen kann es überdies hilfreich sein, die Reaktions- bzw. Schadensbearbeitungszeit zu definieren. Dies vermeidet nicht nur Nachfragen und ggf. Frust über vermeintlich schleppende Bearbeitungszeiten, sondern gibt den Mitarbeitern der jeweiligen Schadensabteilung auch Zeit und Muße, sich um ihre Kernaufgaben zu kümmern.