Hinweis:
Zu Rechtsgrundlagen und Systematik des bußgeldrechtlichen Fahrverbots wird verwiesen auf Deutscher, in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 5. Aufl. 2018, Rn 1355 ff., 1586 ff.
a) Der Tatbestand des Fahrverbots
Ein qualifizierter Rotlichtverstoß indiziert grundsätzlich auch dann ein Regelfahrverbot, wenn dieser aufgrund irrtümlicher Zuordnung des für eine andere Fahrbahn erfolgten Grünlichts durch einen sog. Frühstarter begangen wird (OLG Karlsruhe DAR 2019, 215 = VRR 5/2019, 20 [Deutscher] unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Ein sog. Mitzieheffekt soll den Fahrlässigkeitsvorwurf beim Rotlichtverstoß laut KG (NStZ 2019, 291 = DAR 2019, 394) allenfalls dann verringern, wenn der Betroffene zunächst rechtstreu an der Lichtzeichenanlage anhält, dann aber, z.B. veranlasst durch das Anfahren anderer Verkehrsteilnehmer, unter Nichtbeachtung des Rotlichts losfährt ("Sog-Wirkung"; zu einem "Umfahrungsfall" OLG Bamberg VRR 4/2019, 21 [Deutscher]). Macht der Betroffene anlässlich eines ihm vorgeworfenen und mit einem Regelfahrverbot geahndeten Abstandsverstoßes geltend, auf die Funktion eines in seinem Fahrzeug als Bestandteil eines Fahrerassistenz-Pakets verbauten sog. Abstandspiloten vertraut zu haben, ist dies mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflichten eines Fahrzeugführers unvereinbar; erst recht scheidet die Anerkennung eines privilegierenden sog. Augenblicksversagens aus (OLG Bamberg zfs 2019, 294).
b) Die Angemessenheit des Fahrverbots
Bei abhängig Beschäftigten ist die Anordnung eines Fahrverbots unangemessen, wenn dies zum Verlust des Arbeitsplatzes führen würde und die drohende Existenzgefährdung nicht durch anderweitige, zumutbare Maßnahmen abgewendet werden kann, etwa durch Verbüßung während des Urlaubs unter Berücksichtigung des bis zu viermonatigen Vollstreckungsaufschubs nach § 25 Abs. 2a StVG. Die Androhung einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung durch den Arbeitgeber rechtfertigt kein Absehen vom Fahrverbot (so KG DAR 2019, 391 m. Anm. Krenberger). Berufliche Schwierigkeiten durch ein Fahrverbot im Rahmen eines Nebenjobs, durch den ein stellvertretender Filialleiter eines Getränkemarkts monatlich 300 bis 400 EUR verdient, sind nicht ausreichend, um von einem Regelfahrverbot absehen zu können (AG Dortmund BA 56, 208 = NZV 2019, 316 [Deutscher]). Bei drei gewichtigen Verkehrsverstößen innerhalb von wenig mehr als einem halben Jahr, von denen einer bereits mit einem Fahrverbot geahndet wurde, ist die Anordnung eines Fahrverbots auch bei Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz geboten (OLG Karlsruhe NStZ 2019, 530 = NZV 2019, 486 [Krenberger]).