Unter dem visionären Titel "Privatrecht 2050 – Blick in die digitale Zukunft" präsentiert sich im aktuellen Jahrbuch Junge Zivilrechtswissenschaft (erstmals ist der Titel der Vereinigung und des Jahrbuchs lobenswerterweise geschlechtsneutral formuliert) wieder eine vielversprechende Garde junger Zivilrechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem deutschsprachigen Raum. Glücklicherweise haben die allermeisten Autorinnen und Autoren des Jahrbuchs den Titel ihrer Tagung und ihres Jahrbuchs nicht beim Wort genommen: Die vielseitigen Beiträge behandeln nahezu durchgehend Fragen, die sich bereits in der Gegenwart bzw. der allernächsten Zukunft stellen und hoffentlich im Jahr 2050 längst überwunden sein werden. Das gilt für die Beiträge zu Gewährleistung und Haftung im Internet der Dinge nach der Warenkauf-Richtlinie 2019/771 (Segger-Piening), zum Vertragsrecht der Plattformwirtschaft (Warter), zur Umbuchung von Bitcoin (Linardatos, Maute), zur Diskriminierung durch algorithmische Entscheidungen (Kullmann), zur digitalisierten GmbH nach dem EU Company Law Package (Knaier), zur virtuellen Hauptversammlung (Nutz), zu Datenschutzverletzungen als Kartellrechtsverstöße (Buiten), zu Legal Tech-Inkassodiensten (Harten, Markworth), zum automatisierten Vertragsvollzug (Klever) und zur beweisrechtlichen Behandlung elektronischer Dokumente im Zivilprozess (Rapp). Über die unmittelbare Gegenwart hinaus weisen lediglich die Beiträge von Bender zur Personalisierung des dispositiven Rechts und von Klug zur Formalisierung von Recht zur Ermöglichung automatischer Subsumtion sowie der Eröffnungsbeitrag von Schmidt-Kessel. Die Verfehlung des selbst gestellten Bandtitels soll indessen keine Kritik an den Beiträgen darstellen – ganz im Gegenteil: Der Band demonstriert eindrucksvoll die Bandbreite von Fragestellungen, die die Digitalisierung schon heute an das gesamte Privatrecht heranträgt, und bietet hierfür erfrischende, fundiert ausgearbeitete Perspektiven einer kommenden Generation von Forschenden. Seine Lektüre sei deswegen unbedingt gerade denjenigen empfohlen, die der (irrigen) Meinung sind, die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft würde das Privatrecht erst im Jahr 2050 betreffen; für diese dürfte der Band einen kompakten Weckruf darstellen. Für alle anderen handelt es sich um eine inspirierende Rundreise durch die privatrechtlichen Herausforderungen der Gegenwart. Auf einer anderen Ebene ist der Titel vielleicht dann doch zutreffend gewählt: Der Band bietet einen "Blick in die digitale Zukunft" der Privatrechtswissenschaft und gibt Anlass zu der begründeten Hoffnung, dass die kommende Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch 2050 den Herausforderungen der rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklung gewachsen sein wird.
Prof. Dr. Thomas Riehm, Passau