I. Einführung
Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG; BT-Drucks 19/18791 vom 27.4.2020; BR-Drucks 168/20 vom 3.4.2020) wurde am 17.9.2020 nach 2. und 3. Lesung im Bundestag in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks 19/22634 vom 16.9.2020) beschlossen. Der Bundesrat hat am 9.10.2020 das WEMoG gebilligt (BR-Drucks 544/20 vom 9.10.2020). Das Gesetz wird damit am 1.12.2020 in Kraft treten.
II. "Aus alt mach neu" – Regelungsschwerpunkte und Systematik
Die Kernbereiche der Reform sind wie folgt zusammenzutragen:
- Ansprüche auf Herstellung bzw. auf Duldung von Ladeinfrastruktur zur Stützung der E-Mobilität, von Barrierefreiheit bei Zugängen und in den genutzten Räumen, von Einbruchschutz und von Glasfaseranschlüssen im Wohnungseigentumsrecht (privilegierte bauliche Veränderungen) und bis auf die Glasfaseranschlüsse auch im Mietrecht als Duldungsanspruch gegen den Vermieter;
- Vereinfachte Möglichkeit zur Umsetzung einfacher baulicher Veränderungen zur Behebung eingetretener Modernisierungsstaus in WE-Anlagen;
- Herstellung der vollen Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft auch mit Regelungen der Gründungsphase und Vereinfachung ihrer Teilnahme am Rechtsverkehr und im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren;
- Ausweitungen der Befugnisse des Verwalters als Vertreter der Gemeinschaft;
- Erweiterte Möglichkeit zur Abberufung eines Verwalters bei Vertrauensverlust;
- Stärkung der rechtlichen Position von Wohnungseigentümern durch gesetzliche Aufnahme des Einsichtsrechts in Verwaltungsunterlagen und durch Einführung eines jährlich zu erstattenden Vermögensberichts durch den Verwalter zur wirtschaftlichen Lage der Gemeinschaft;
- Stärkung des Verwaltungsbeirats durch Flexibilisierung seiner Zusammensetzung, Überwachungsfunktion gegenüber dem Verwalter und durch Haftungsreduktion für seine Mitglieder;
- Betonung der Eigentümerversammlung als willensbildender Souverän der Gemeinschaft durch Verlängerung der Einladungsfrist, Herstellung einer permanenten Beschlussfähigkeit und durch Einführung der digitalen Teilnahmeform;
- Klarer gefasste Vorschriften zu Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung sowie
- Versuch einer effizienteren Streitbeilegung durch Änderung der gerichtlichen Verfahrensvorschriften.
III. Eigentümergemeinschaft als eigene "Rechtspersönlichkeit"
Basierend auf dem "Jahrtausendbeschluss" des BGH (BGH, Beschl. v. 2.6.2005 – V ZB 32/05, BGHZ 163, 154-180; ebenso BGH, Urt. v. 20.1.2010 – VIII ZR 329/08 und BGH, Beschl. v. 11.12.2015 – V ZB 103/14, jeweils juris) hat der Gesetzgeber innerhalb der WEG-Reform 2007 den "teilrechtsfähigen Verband" geschaffen (§ 10 Abs. 6 S. 1 WEG). Jetzt wird eine rein gesellschaftsrechtliche Lösung (§ 9a WEG-E) mit dem Verwalter als "Geschäftsführer" (§ 9b WEG-E) eingeführt.
1. Gemeinschaft als vollrechtsfähiger Verband
Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird wie eine sonstige juristische Person voll rechtsfähig (§ 9a Abs. 1 S. 1 WEG-E): sie kann Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden. Für das Vermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Gemeinschaftsvermögen) gelten §§ 18, 19 Abs. 1, 27 WEG-E entsprechend.
2. Begründungsphase – die "werdende" WEG
Die Gemeinschaft entsteht auch im Falle des § 8 WEG (Ein-Personen-WEG = aufteilender Eigentümer/Bauträger) mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher (§ 9a Abs. 1 S. 2 WEG-E).
Bislang erwarb ein Ersterwerber auf der Grundlage einer eingetragenen Auflassungsvormerkung als "werdender" Wohnungseigentümer alle Rechte und Pflichten, auch wenn er noch nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Das wurde auch angenommen, wenn ein Erwerber nach dem Entstehen der WEG den Besitz an einer Sondereigentumseinheit neben einem Bauträger, der im Grundbuch bereits als Eigentümer eingetragen ist, erlangt. Das bedeutet, dass der rechtsfähige Verband der Wohnungseigentümer bisher erst mit Beginn der werdenden WEG entstand (BGH, Urt. v. 11.12.2015 – V ZR 80/15, ZMR 2016, 299; BGH, Urt. v. 11.5.2012 – V ZR 186/11, ZMR 2012, 711). Dies brachte (rechtliche) Überleitungsprobleme für die Zeit des Interregnums, in der nur der aufteilende Eigentümer bereits Verwalter einsetzte und Verträge für die Gemeinschaft abschloss, mit sich (zur Kompetenz des Bauträgers zum Einsatz eines Erstverwalters und zum Abschluss von Verwaltervertrag, Versorgungsvertrag, Werkvertrag und Dienstverträgen z.B. mit der Hausreinigung, dem Hausmeister u.a.: BGH, Urt. v. 22.7.2014 – VIII ZR 313/13, IMR 2014, 394; BGH, Urt. v. 2.7.2014 – VIII ZR 316/13, NJW 2014, 3148; BGH, Urt. v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15, ZMR 2016, 711; BGH, Urt. v. 9.3.2012 – V ZR 161/11, ZMR 2012, 646; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.9.2006 – 3 Wx 281/05, ZWE 2007, 92 und Beschl. v. 23.4.2007 – 9 U 73/06, IBR 2008, 159; LG Düsseldorf, Urt. v. 6.3.2013 – 25 S 99/12, IMR 2013, 1145; zum Ganzen: Elzer/Fritsch/Meier, WEG, 3. Aufl. 2018, § 1 Rn 490 ff.). Die Verträge mussten dann noch auf die entstandene Gemeinschaft übergeleitet werden.
Dieses Problem ist beseitigt; auch dann, wenn aufgrund ei...