8.1 Gercke/Kraft/Richter, Arbeitsstrafrecht, Handbuch, 3. Aufl. 2021, C.F. Müller, 554 S., 79 EUR
In der nun 3. Auflage liegt das Werk zum Arbeitsstrafrecht vor und man möchte sagen, dass es angesichts etlicher Gesetzesänderungen und Weiterentwicklungen in der Rechtsprechung höchste Zeit war für diese Neuauflage. Den grundlegenden Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und im Arbeitnehmerentsendegesetz kommt hierbei besondere Bedeutung zu.
Die Arbeit mit dem Buch bereitet Freude, nicht zuletzt durch seine klare Gliederung. Wer das naturgemäß unaufgeregte Kapitel über die Grundlagen des Arbeitsstrafrechts gemeistert hat, das ein stabiles Gerüst liefert für den Einstieg in das Thema, der wird im folgenden Kapitel 2 mit einer übersichtlichen Darstellung des gesamten materiellen Arbeitsstrafrechts belohnt.
Hier wird sowohl der Strafverteidiger souverän durch die Untiefen fernab des Strafgesetzbuches gelotst als auch der Arbeitsrechtler ebenso behutsam und gründlich in die strafrechtliche Materie eingeführt. Neben den klassischen Verbotsnormen des StGB, allen voran die Beitragsvorenthaltung nach § 266a StGB, widmen sich die Autoren der Besprechung sämtlicher Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände, die dem Praktiker begegnen können. Hier bietet es sich an, je nach vorhandener Vorkenntnis der Materie, entweder das betreffende Kapitel komplett durchzuarbeiten oder aber punktuell Einzelprobleme nachzuschlagen. Das Werk liefert dabei einen umfassenden Überblick über den Meinungsstand in Rechtsprechung und Literatur, sodass es eines Blickes in Rechtsprechungsdatenbanken und Großkommentare im Grunde nur bedarf, wenn man sich dem Thema wissenschaftlich verdichtet nähern möchte. Es gelingt den Autoren, die zum Teil staubtrockene Materie durch „Hinweise” aufzulockern; ein Mehr an unterhaltsamer Lesbarkeit könnte hier allerdings durch Fallbeispiele erreicht werden, in denen der Praktiker sich in seiner täglichen Arbeit wiederfindet. Das dritte Kapitel widmet sich der Rechtsfolgenseite arbeitsstrafrechtlicher Verfahren, wobei hier nicht nur straf- und bußgeldrechtliche Folgen Erwähnung finden, sondern auch die zivil- und arbeitsrechtlichen Konsequenzen von Abmahnung bis hin zu Kündigung und Schadensersatz besprochen werden.
Das Buch schließt mit einem Kapitel, das sich mit der anwaltlichen Beratung und Verteidigung in arbeitsstrafrechtlichen Verfahren befasst, wobei ein Schwerpunkt bei der Präventivberatung des Arbeitgebers liegt, nachdem der Compliance eine immer größere Bedeutung beigemessen wird. Die Verteidigung von Unternehmen und Unternehmensverantwortlichen befasst sich – anders als die Überschrift vermuten lässt – vorwiegend mit Beratung und Maßnahmen bei Mandatsannahme und der Tätigkeit im Vorverfahren. Trotzdem es eine Vielzahl von Ratgebern für die strafrechtliche Hauptverhandlung gibt, die sicherlich das Bücherregal jedes Verteidigers zieren, würde man sich i.S.d. „Jammerns auf hohem Niveau” wünschen, dass die Autoren diesem Verfahrensabschnitt zumindest ein kurzes Kapitel gewidmet hätten.
Demgegenüber verdienen die Ausführungen über die Beratung von Arbeitgebern, die Opfer von Straftaten werden, höchstes Lob. Hier wird nicht nur der Anwalt fündig, sondern auch der Unternehmer oder Personalverantwortliche, dem Risiken und Taktik des Vorgehens, gegen aus dem Ruder gelaufene Unternehmensangehörige, verständlich und strategisch klug nähergebracht werden. Zusammenfassend wird man sagen dürfen, dass sich das Werk in seiner neuen Auflage zum Klassiker gemausert hat, der einer Vielzahl von Professionen gute Dienste bei der Bearbeitung zweier Rechtsgebiete leistet, die komplex miteinander verzahnt sind.
RAin und FAin für Strafrecht Kerstin Rueber-Unkelbach, LL.M., Mediatorin, Koblenz