Die Gesetzesbegründung ist in dieser Hinsicht denkbar weit und will jedenfalls den Kreis der Anbieter der Berufsrechtsveranstaltung nicht bei bestimmten Anbietern monopolisieren („... und sonstige Ausbildungsanbieter”, BT-Drucks 19/30516, S. 45).
Natürlich hat der Gesetzgeber in erster Linie die Rechtsanwaltskammern (als „Erzieher der Anwälte”) im Blick, zu deren gesetzlichen Aufgaben die Fortbildung der Anwälte gehört (hierzu umfassend Kloepfer, Fortbildungskompetenz der Rechtsanwaltskammern, 2006; kritisch Ehlers/Lechleitner, Die Aufgaben der Rechtsanwaltskammern, 2006), v.a. aber auch die des anwaltlichen Nachwuchses (§ 73 Abs. 2 Nr. 9 Hs. 1 BRAO). Ebenso erwähnt sind in den gesetzgeberischen Erwägungen die Anwaltsvereine mit ihren Aus- und Fortbildungseinrichtungen.
„Geborene” Anbieter von Berufsrechtsveranstaltungen sind die Oberlandesgerichte als Ausbildungsstellen für Referendare (vgl. BT-Drucks 19/30516, S. 46). Inhaltlich sind die Richter und Gerichte zwar mit dem Berufsrecht nicht unmittelbar befasst, aber sie organisieren schon bislang auch den anwaltsbezogenen Teil des Referendariats (in dem es hier und da auch schon Berufsrechtsblöcke gibt).
Natürliche Berufsrechtsveranstaltungsanbieter sind ferner die Juristischen Fakultäten (BT-Drucks 19/30516, S. 46). Sie vermitteln seit jeher und über alle Juristenausbildungsreformen den gesamten Rechtsstoff. Wiewohl Jura eine Professionswissenschaft ist, könnte man hier zu bedenken geben, dass die Vermittlung praktischer Fertigkeiten nicht die Aufgabe der Universitäten sei, allerdings kommt es bei den Berufsrechtskenntnissen nicht auf eine besondere praktische Verwertbarkeit an. Insbesondere das Haftungsrecht soll überhaupt nur in den Grundzügen dargestellt werden (BT-Drucks 19/30516, S. 45). Und zudem ist – mit Unterschieden von Bundesland zu Bundesland – der (Wissen-)Transfer von der Hochschule in Wirtschaft und Gesellschaft mehr und mehr eine Aufgabe, die neben Forschung und Lehre tritt.
Da die Expertise von Kammern, Anwaltsvereinen und Hochschulen nicht in deren Institution, sondern in den Köpfen der Dozenten begründet ist, werden deren Berufsrechtsexperten auch außerhalb der institutionellen Angebote und in Nebentätigkeit Veranstaltungen anbieten können. Hierbei kann es dann nicht darauf ankommen, dass man dienstlich bereits auch schon Berufsrechtsveranstaltungen angeboten hat, sondern dass man dies könnte. Insoweit sind alle Berufsrechtskommentatoren, Lehr- und Fachbuchautoren sowie Inhaber einer entsprechenden Venia legendi ebenfalls und ohne Weiteres taugliche Berufsrechtsveranstaltungsanbieter.
Jenseits dieser inhaltlich unproblematischen Konstellationen kann aber auch jedermann Berufsrechtsveranstaltungen anbieten. Eine vorgängige oder nachlaufende Qualitätssicherung (durch die Kammer) ist nicht erforderlich (wenngleich durch eine entsprechende BORA-Vorschrift möglich), da ja der Wert und die Güte der jeweiligen Veranstaltung i.R.d. Zulassungsentscheidung geprüft wird (s.u. XI.).
Wenn jedermann ein Berufsrechtsveranstaltungsanbieter sein kann, liegt es nahe, dass sich auch der zuzulassende Anwalt selbst das Berufsrecht beibringen kann. Aus akademischer Perspektive sollte der Abschluss eines wissenschaftlichen Studiums ausreichen, um das Rüstzeug zu haben, sich beliebige juristische Themenfelder selbst zu erarbeiten. Hier wird aber eine das Missbrauchs- und Umgehungsrisiko typisierend adressierende Regelung in der BORA einen Riegel vorschieben können, was an dem Tatbestandsmerkmal „teilnehmen” in § 43f Abs. 1 S. 1 BRAO festgemacht werden könnte. Ansonsten müsste alternativ die zehnstündige Beschäftigung mit dem Berufsrecht in einem Fachgespräch nach Art des § 7 FAO überprüft werden (s.u. VIII.).