In der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die angemessenen und in den Fällen des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II die unangemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vom Jobcenter übernommen.
Hinweise:
Ein Prüfungsschema zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten ist in ZAP F. 18, 1805 abgedruckt. Dort und in ZAP F. 18, 1681 werden auch die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept für die angemessenen Unterkunftskosten erläutert.
Leben mehrere Personen in einer Wohnung, verteilt das BSG die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.d.R. nach dem sog. Kopfteilprinzip zu gleichen Anteilen auf die Bewohner der Unterkunft. Bei leistungsberechtigten Personen wird dieser Anteil jeweils in den Bedarf eingerechnet. Hiermit wird den Erfordernissen der Verwaltungspraktikabilität entsprochen. Für die Verteilung der Unterkunfts- und Heizungskosten ist unerheblich, wer schuldrechtlich gegenüber Dritten zur Tragung dieser Kosten verpflichtet ist, ob alle Personen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind, wie alt die Bewohner sind und wie intensiv sie die Wohnung nutzen. Das Kopfteilprinzip dient zugleich der Abgrenzung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zwischen den Leistungen nach dem SGB II beziehenden und anderen die Unterkunft nutzenden Personen. Es wird ausgeschlossen, dass wirtschaftlich leistungsfähigen Personen ein kostenfreies Wohnen ermöglicht wird.
Bereits in der Vergangenheit wich das BSG in Einzelfällen vom Kopfteilprinzip ab. Nicht nach dem Kopfteilprinzip verteilte es die Unterkunfts- und Heizungskosten, wenn bei einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft infolge einer bestandskräftigen Sanktion nach den §§ 31 ff. SGB II keine Leistungen für Unterkunft und Heizung gezahlt werden und dies bei den weiteren leistungsberechtigen Personen in der Unterkunft eine Leistungsunterdeckung zur Folge hat, die sie nicht mit eigenem Einkommen und Vermögen ausgleichen können (Urt. v. 23.5.2013 – B 4 AS 67/12 R, BSGE 113, 270). In der hier zu besprechenden Entscheidung war fraglich, ob eine vom Kopfteilprinzip abweichende Verteilung der Unterkunfts- und Heizungskosten ferner zu erfolgen hat, wenn das in der Wohnung der leistungsberechtigten Person lebende volljährige Kind während einer beruflichen Ausbildungsmaßnahme in einem Internat untergebracht ist und sich nur an Wochenenden und in den Ferien bei der leistungsberechtigten Person aufhält. Es bejahte dies in seinem Urt. v. 27.1.2021 – B 14 AS 35/19 R im Grundsatz, machte die endgültige Entscheidung hierüber aber vom Einzelfall abhängig (s. auch Grote-Seifert, jurisPR-SozR 15/2021 Anm. 2).
Die Klägerin lebte mit ihrer 1987 geborenen Tochter gemeinsam in einer Wohnung zur Miete. Sie bezog fortlaufend Leistungen nach dem SGB II. Die Tochter nahm vom 16.1.2013 bis 12.5.2015 an einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation zur Ausbildung zur Bürokauffrau teil. Während der Ausbildung war die Tochter in einem Internat untergebracht. Sie wurde durch die Bundesagentur für Arbeit mit Ausbildungsgeld und der Übernahme der Fahrtkosten für Heimfahrten gefördert. Im Dezember 2013 und im Juni 2013 gab die Klägerin gegenüber dem Beklagten an, dass die Tochter noch bei ihr wohne und gemeldet sei. Die Tochter käme zweimal im Monat übers Wochenende zu ihr nach Hause. Außerdem sei sie gelegentlich ein bis zwei Wochen und in den Ferien bei ihr. Der Beklagte bewilligte unter Anwendung des Kopfteilprinzips Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen. Für die Tochter wurden keine Leistungen gezahlt, weil sie nach § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen war. Ab dem 13.1.2015 lebte die Tochter wieder bei der Klägerin.
Im September 2015 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Bescheide bezüglich der Übernahme der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 14.9.2015 abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin wurde am 5.11.2015 abschlägig beschieden. Die Klage vor dem SG hatte Erfolg. Das LSG hat dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin rügte mit ihrer Revision eine Verletzung von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Sie begehrte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen ohne Abzug des auf die Tochter entfallenden Anteils, da ihre Tochter nicht mehr in der Wohnung untergebracht war und ein Umzug infolge des bevorstehenden Erreichens der Altersgrenze nicht zumutbar sei.
Dass die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatte, war unstreitig. Streitig war lediglich, ob die Tochter der Klägerin weiterhin in der Wohnung der Mutter lebte und, falls ja, ob das Kopfteilprinzip anzuwenden sei.
Ob eine Unterkunft von mehreren Personen gemeinsam genutzt wird, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im Einzelfall zu beurteilen. Diese sei nicht auf die Maßstäbe des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II beschränkt. Danach sind grds. nur Aufwendungen für die Unterkunft zu übernehmen, die tatsächlich konkret genutzt wird, wenn sie ...