Gemäß § 65a Abs. 4 SGG besteht für Rechtsanwälte die Möglichkeit, den Gerichten elektronische Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zuzuleiten. Ein solcher stellt nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG die Übermittlung zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) und der elektronischen Poststelle des Gerichts dar. Ist ein elektronisches Dokument nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) der verantwortenden Person versehen, ist es von dieser einfach zu signieren und auf dem sicheren Übermittlungsweg einzureichen, § 65a Abs. 3 S. 1 SGG (gleichlautend: § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO und § 46c Abs. 3 S. 1 ArbGG). Die einfache Signatur meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise als maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder als eingescannte Unterschrift. Für die maschinenschriftliche Unterzeichnung ist weder vorgeschrieben, dass (auch) ein Vorname zu verwenden ist, noch dass die Bezeichnung „Rechtsanwälte” wiedergegeben wird (s. BAG v. 14.9.2020 – 5 AZB 23/20, NJW 2020, 3476, Rn 14 ff., zu der Entscheidung Gundel/Sartorius ZAP F. 17 R, 1045 f.).
Die Signatur soll sicherstellen, dass die von dem sicheren Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das elektronische Dokument übernimmt. Fehlt es an dieser Identität, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht.
Das BSG hat durch Beschl. v. 18.11.2020 – B 1 KR 1/20 B (hierzu Keller jurisPR-SozR 9/2021, Anm. 4) entschieden, dass ein aus einem beA an das Gericht versandtes, nicht mit einer qeS versehenes elektronisches Dokument, nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht ist, wenn die das Dokument signierende Person dieses selbst versendet. Das Gericht folgt demnach der Auffassung des BAG v. 5.6.2020 – 10 AZN 53/20 und v. 14.9.2020 (a.a.O.). In dem zur Entscheidung anstehenden Sachverhalt war der Schriftsatz, durch den gegen die Nichtzulassung der Revision in der Berufungsentscheidung beim BSG Beschwerde eingelegt wurde, ausweislich des Transfervermerks, der Schriftsatz über einen sicheren Übermittlungsweg aus dem beA eines anderen Anwalts dem Gericht zugeleitet worden, als von dem, der den Schriftsatz durch eingescannte Unterschrift signiert hatte.
Das BSG lehnt es ferner ab, dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 Abs. 1 SGG zu gewähren. Gründe, welche den Kläger daran gehindert haben könnten, die Beschwerde rechtzeitig beim Gericht einzulegen, seien nicht vorgetragen worden. Ein etwaiger Rechtsirrtum des Anwalts, für den bislang nichts ersichtlich ist, sei regelmäßig nicht unverschuldet.
Im Hinblick auf die Gegebenheiten des Falls komme (anders als im Verfahren BAG v. 14.9.2020 – 5 AZB 23/20, juris Rn 26 ff.) Wiedereinsetzung auch nicht wegen der Verletzung einer gerichtlichen Mitteilungspflicht in Betracht.
Hinweis:
Unter Berücksichtigung des Anspruchs auf ein faires Verfahren darf ein Gericht aus eigenen oder ihm zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile ableiten und ist zur Rücksichtnahme gegenüber den Verfahrensbeteiligten in ihrer konkreten Situation verpflichtet (s. etwa BVerfG v. 14.11.2018 – 1 BvR 433/16 Rn 11). Dementsprechend ist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn das Fristversäumnis auch auf Fehlern beruht, die im Verantwortungsbereich des Gerichts bei Wahrnehmung seiner Fürsorgepflicht liegen. In solchen Fällen tritt ein in der eigenen Sphäre der Partei liegendes Verschulden hinter das staatliche Verschulden zurück und wirkt sich nicht mehr aus (BGH v. 29.8.2017 – VI ZB 49/16, juris Rn 13).