Weiterhin bringt die seit dem 13.10.2017 geltende Vorschrift des § 315d StGB (verbotene Kfz-Rennen) Arbeit für die Praxis. Zur Auslegung und Anwendung des gesetzgeberisch verunglückten § 315d Abs. Nr. 3 StGB (Alleinraser) hat sich nunmehr der BGH geäußert (NJW 2021, 1173 m. Anm. Hoven = NZV 2021, 318 m. Anm. Krenberger = NStZ 2021, 540 m. Anm. Stam = DAR 2021, 269 m. Bespr. Weidig, S. 292 = VRR 4/2021, 13 = StRR 5/2021, 27 [jew. m. Anm. Burhoff]; BGH DAR 2021, 522 m. Anm. Danner). Der Gesetzgeber wollte mit der Tatbestandsalternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB neben den Rennen mit mehreren Kfz auch Fälle des schnellen Fahrens mit nur einem einzigen Kfz strafrechtlich erfassen, die über den Kreis alltäglich vorkommender, wenn auch erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitungen hinausragen, weil der Täter mit einem Kfz in objektiver und subjektiver Hinsicht ein Kfz-Rennen nachstellt. Nach der als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestalteten Begehungsalternative des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer im Straßenverkehr sich als Kfz-Führer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Die Absicht des Täters, nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die nach den situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, muss nicht Endziel oder Hauptbeweggrund des Handelns sein. Es reicht vielmehr aus, dass der Täter das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit als aus seiner Sicht notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein weiteres Handlungsziel zu erreichen (s.a. BGH NStZ-RR 2021, 189). Nach Ansicht des BGH erfasst der Tatbestand daher auch die sog. Polizeifluchtfälle (BGH StV 2021, 500 = VRR 7/2012 m. Anm. Burhoff, 15; ebenso LG Osnabrück NZV 2021, 368 m. Anm. Müller = zfs 2021, 410 m. Anm. Krenberger; hierzu auch Obermann NZV 2021, 344). Das Merkmal der höchstmöglichen Geschwindigkeit i.S.v. § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB meint nicht die technische Höchstgeschwindigkeit des geführten Fahrzeugs, sondern die in der konkreten Verkehrssituation erzielbare relative Höchstgeschwindigkeit (OLG Celle zfs 2021, 409). Geschicklichkeitsübungen im Straßenverkehr wie sog. Donuts stellen i.d.R. kein verbotenes Kfz-Rennen dar (LG Koblenz NZV 2021, 222 m. Anm. Fromm; s.a. LG Berlin NZV 2020, 540 m. Anm. Winkelmann).
§ 315f StGB ermöglicht die Einziehung des am Rennen beteiligten Kfz. Es handelt sich um eine Kann-Bestimmung, die im Einzelfall eine eingehende Ermessensentscheidung erfordert (OLG Hamm DAR 2021, 343 = zfs 2020, 647 = VRR 12/2020, 12 m. Anm. Deutscher = SVR 2021, 88 [m. abl. Anm. Steinert]; LG Bochum DAR 2021, 346; zu beiden Bespr. Niehaus DAR 2021, 357). Das Gericht kann die Einziehung des benutzten Fahrzeugs (§ 315f StGB) gem. §§ 74a, 74f Abs. 1, 2 Nr. 3 StGB vorbehalten, wenn das Fahrzeug vom Angeklagten, der Student ist und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht, nicht beruflich genutzt wird, es sein einziger Vermögensgegenstand ist und wenn das Gericht die Weisung erteilt, das Fahrzeug zu verkaufen und einen Mindestbetrag des Verkaufserlöses an den Justizfiskus zu zahlen (LG Berlin NZV 2021, 221 m. Anm. Deutscher).
Bei der damit im Zusammenhang stehenden Thematik des vorsätzlichen Tötungsdelikts bei Kfz-Rennen stellt der BGH weiterhin strenge Anforderungen an das Vorliegen eines Tötungsvorsatzes. Die Feststellungen zum voluntativen Vorsatzelement müssen die subjektive Einschätzung der Gefährlichkeit der Tathandlung durch den Angeklagten vollständig in den Blick nehmen. Bei riskantem Verhalten im Straßenverkehr ist für die subjektive Einschätzung der Gefährlichkeit der Tathandlung ein bestehendes Vorstellungsbild des Angeklagten über als möglich erachtetes kollisionsvermeidendes Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer als Anknüpfungspunkt für ein vorsatzausschließendes Vertrauen in die einzelfallbezogene Prüfung des voluntativen Vorsatzelements miteinzubeziehen (BGH NZV 2021, 316 m. Anm. Preuß = DAR 2021, 271, „Moerser-Raser”-Fall).