Eine wichtige Klarstellung zur Signatur von Schriftsätzen, die mittels besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA) bei Gericht eingereicht werden, hat kürzlich der BGH gefällt. Der XII. Zivilsenat entschied, dass eine Beschwerde, die allein mit „Rechtsanwalt” bzw. „Rechtsanwältin”, d.h. ohne Namensangabe des einreichenden Anwalts, unterzeichnet und per beA an das Gericht geschickt wird, formunwirksam ist. Eine sog. einfache Signatur i.S.d. § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO erfordere vielmehr die (einfache) Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, etwa bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift (BGH, Beschl. v. 7. 9. 2022 – XII ZB 215/22, ZAP EN-Nr. 692/2022 [in dieser Ausgabe]).
Der Fall: Eine Rechtsanwältin hatte für einen Kindesvater Beschwerde gegen eine amtsgerichtliche Entscheidung über die Zahlung von Kindesunterhalt eingereicht. Unterzeichnet hatte sie den mit Hilfe des beA eingereichten Schriftsatz nur mit „Rechtsanwältin”. Nach dem Hinweis des Gerichts, dass der Schriftsatz nicht wie erforderlich zumindest einfach signiert sei, da an dessen Ende kein Name angegeben und deshalb die eingereichte Beschwerde unzulässig sei, beantragte die Anwältin vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wiederholte die Beschwerdeeinlegung, diesmal auch mit Namenszug.
Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantrag allerdings zurück und verwarf die Beschwerde als verfristet. Das Gericht führte zur Begründung an, dass die Beschwerde wegen fehlender Namensangabe der Anwältin nicht formgerecht erfolgt sei. Die einfache Signatur erfordere eine Wiedergabe des Namens am Ende des Schriftsatzes, beispielsweise in Form eines maschinenschriftlichen Namenszugs, woran es hier fehle. Ein Wiedereinsetzungsgrund sei ebenfalls nicht gegeben, da die Frist nicht ohne Verschulden versäumt worden sei. Auch die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof schloss sich der Auffassung des OLG an. Die „einfache elektronische Signatur” werde in Art. 3 Nr. 10 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-VO) definiert, erläutern die Karlsruher Richter. Sie erfordere Daten im elektronischen Schriftsatz, „die der Unterzeichner zum Unterzeichnen” verwendet. Dies bedeute mithin die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Das könne z.B. der maschinenschriftliche Namenszug unter dem Schriftsatz oder auch eine eingescannte Unterschrift sein. Die elektronische Signatur solle – ebenso wie die eigene Unterschrift – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen. Dazu müsse die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden könne. Fehle es hieran, sei das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht.
Der BGH schloss sich auch der Auffassung der Vorinstanz an, dass die Versäumung der Frist nicht unverschuldet war. Ein Rechtsanwalt müsse „die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen”, schrieben sie in die Entscheidungsbegründung. Die Bundesrechtsanwaltskammer habe schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass die einfache Signatur in beA-Schriftsätzen auch die Namensangabe des Anwalts erfordere. Die betroffene Anwältin werde auch nicht dadurch entlastet, dass in dem Prüfprotokoll ihres elektronisch übermittelten Schriftsatzes unter „Zusammenfassung und Struktur” bescheinigt worden sei: „Sämtliche durchgeführten Prüfungen lieferten ein positives Ergebnis”. Denn gleichzeitig habe das Protokoll vermerkt: „Keine Signatur gefunden”. Diesem Warnhinweis hätte die Anwältin in jedem Fall nachgehen müssen; dann hätte sie festgestellt, dass das Dokument zwar an das Gericht übermittelt worden war, jedoch ohne rechtswirksame Signatur.
Die Entscheidung des XII. Senats verdeutlicht einmal mehr, dass man sich mit der Bedienung des beA unbedingt ausreichend vertraut machen sollte. Aber auch wenn man sich nicht mit allen Aspekten des elektronischen Rechtsverkehrs perfekt auskennen kann – Fehlermeldungen oder Warnhinweise im Übermittlungsprotokoll sollte man bei fristgebundenen Schriftsätzen in jedem Fall ernst nehmen.
[Red.]
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