Beispiel:
Der Kindesvater V geht einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit und einer angemessenen Nebentätigkeit nach, sein Einkommen ist aber dennoch so gering, dass er bei Wahrung seines Selbstbehalts den Mindestunterhalt seines minderjährigen Kindes nicht leisten kann. Er lebt unverheiratet mit einer Partnerin zusammen, die über Einkommen verfügt.
Besteht lediglich eine unverheiratete Partnerschaft mit einem gutverdienenden Partner, kann mangels gesetzlicher Grundlage nicht auf einen Familienunterhaltsanspruch zurückgegriffen werden.
In diesen Fällen stellt die Rechtsprechung stattdessen auf die „Synergie” in Folge der Haushaltsersparnis durch das tatsächliche Zusammenleben ab („Zusammenleben ist billiger”; BGH, Urt. v. 9.1.2008 – XII ZR 170/05, NJW 2008, 1373; BGH, Urt. v. 17.3.2010 – XII ZR 204, NJW 2010, 1665):
Zitat
„Dies rechtfertigt die Annahme, dass weniger Kosten für die allgemeine Lebensführung, aber auch für das Wohnen aufgewendet werden müssen, als dies bei einem Einpersonenhaushalt zu erwarten ist. Die mit einer solchen Lebensgemeinschaft einhergehende so genannte Haushaltsersparnis kann monetarisiert werden, da das Zusammenleben zweier oder mehrerer Personen gegenüber einem Einzelhaushalt regelmäßig zu einer Kostenersparnis oder zu Synergieeffekten führt, die jeden Lebenspartner hälftig entlasten (s. BGH, Urt. v. 9.1.2008 – XII ZR 170/05, BGH FamRZ 2008, 594/597 f. m.w.N., auch BGH, Beschl. v. 11.2.2015 – XII ZB 181/14, NJW 2015, 1178; BGH, Beschl. v. 19.3.2014 – XII ZB 19/13, FamRZ 2014, 912 m. Anm. Borth, OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.12.2014 – 16 UF 196/14, juris; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.12.2014 – 9 UF 182/12, juris).”
Nach dieser Rechtsprechung kann folglich der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen um die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden (BGH, Urt. v. 9.1.2008 – XII ZR 170/05, NJW 2008, 1373). Üblicherweise wird die Höhe der Ersparnis mit 10 % des Selbstbehalts bei jedem Partner angerechnet (BGH FamRZ 2010, 1535; NJW 2010, 3161; OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.4.2018 – 10 UF 49/17, FuR 2018, 59). Es erfolgt aber lediglich eine Absenkung des Selbstbehalts beim unterhaltspflichtigen Vater, jedoch keine Einkommenserhöhung.
Die Anrechnung des Synergieeffektes bewirkt de facto eine Art „Zwangssubvention” des Unterhaltspflichtigen durch die Partnerin; auf deren Willen kommt es nicht an.
Voraussetzung der Anrechnung einer solchen Ersparnis zugunsten des unterhaltsberechtigten Kindes ist aber die ausreichende Leistungsfähigkeit der Partnerin (OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.4.2018 – 10 UF 49/17, FuR 2018, 591; OLG Jena, Beschl. v. 9.7.2013 – 1 WF 200/13, juris). Eine behauptete Leistungsunfähigkeit der Partnerin muss derjenige darlegen und beweisen, der sich darauf beruft, um Vorteile daraus zu erzielen; also der dem minderjährigen Kind gegenüber unterhaltspflichtige Elternteil (BGH, Urt. v. 17.3.2010 – XII ZR 204/08, FamRZ 2010, 802).
In der Rechtsprechung ist umstritten, ob Sozialleistungen auf Seiten der Partnerin bei deren Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sind. Nach wohl h.M. ist jede Art von Einkommen zu berücksichtigen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.4.2018 – 10 UF 49/17, FuR 2018, 591; OLG Brandenburg FuR 2015, 243; vgl. auch KG Berlin, Beschl. v. 3.12.2013 – 18 UF 166/12, juris). Zu beachten ist aber in der Praxis, dass ggf. die Höhe der anzurechnenden Ersparnis reduziert werden muss (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 9.7.2013 – 1 WF 200/13, juris; OLG Frankfurt, Beschl. v. 2.10.2013 – 2 UF 443/12, FamRZ 2014, 848; OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.12.2014 – 9 UF 182/12; OLG Dresden FamRZ 2009, 1497; OLG Hamm FamRZ 2010, 383). Aus geringen Sozialleistungen können nicht 100 EUR oder 150 EUR als „Unterstützung des Partners” durch Haushaltsersparnisse hergeleitet werden. Dies muss substantiiert dargelegt werden.