Themenbezogene Widmungsbeschränkung einer kommunalen öffentlichen Einrichtung
Nach den Gemeindeordnungen der Länder sind alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen. Die maßgeblichen Bestimmungen begründen einen Anspruch auf die Nutzung öffentlicher Einrichtungen i.R.d. Widmungszwecks und der Kapazität der Einrichtung. Wird die öffentliche Einrichtung von einem privaten Trägerverein betrieben, der über die Nutzungsvergabe entscheidet, wandelt sich der kommunalrechtliche Zulassungsanspruch in einen Verschaffungsanspruch, den die Kommune durch Einwirken auf den Trägerverein zu erfüllen hat (vgl. auch BVerwG Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 91, S. 47 f.).
Wird nunmehr das an sich offene Nutzungsrecht durch einen Beschluss des Gemeinderats thematisch eingeschränkt, handelt es sich hierbei nach dem Urteil des BVerwG v. 20.1.2022 (8 C 35/20, Städte- und Gemeinderat 2022, Nr. 5, 33 = GewArch 2022, 236 ff. = KommunalPraxis BY 2022, 272 ff. = NdsVBl 2022, 237 ff. = BayVBl 2022, 612 ff. = DVBl 2022, 974 ff.) um eine unzulässige Einschränkung des Nutzungsrechts öffentlicher Einrichtungen, weil vor dem Hintergrund zu erwartender Äußerungen zu einem Themenbereich dadurch das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) verletzt werde.
Hinweis:
Artikel 5 Abs. 1 S. 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Meinungen sind durch die subjektive Beziehung des Einzelnen zum Inhalt seiner Aussage geprägt. Für sie ist das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens kennzeichnend. Insofern lassen sie sich auch nicht als wahr oder unwahr erweisen. Sie genießen den Schutz des Grundrechts, ohne dass es darauf ankommt, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird (BVerfGE 124, 300, 320). Die Meinungsfreiheit ist nicht erst dann berührt, wenn das grundrechtlich geschützte Verhalten selbst eingeschränkt oder untersagt wird. Es genügt, dass nachteilige Rechtsfolgen daran geknüpft werden (BVerfGE 86, 122 Rn 20 und Beschl. v. 27.8.2019 – 1 BvR 811/17, juris Rn 18).
Das BVerwG führt weiter aus, der Schutzbereich der Meinungsfreiheit sei von der Widmungseinschränkung betroffen, wenn der Ausschluss von der Nutzung öffentlicher Einrichtungen an absehbare Meinungsäußerungen gleich welcher Richtung anknüpfe. Zwar würden Meinungsäußerungen nicht unmittelbar eingeschränkt; es würde jedoch mittelbar in die Meinungsfreiheit eingegriffen, weil mit dem Ausschluss von der Benutzung öffentlicher Einrichtungen eine nachteilige Rechtsfolge an die zu erwartende Kundgabe von Meinungen oder zu deren Inhalten, Zielen oder Themen knüpfe und damit eine meinungsbildende Auseinandersetzung zu dem Thema behindere.