a) Alkohol
Auf § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV kann eine Begutachtungsaufforderung bei einer Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille dann gestützt werden, wenn zusätzlich weitere Tatsachen vorliegen, die die Annahme künftigen Alkoholmissbrauchs im fahrerlaubnisrechtlichen Sinn begründen. Solche Zusatztatsachen liegen vor, wenn der Betroffene bei einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einem Kfz zwar eine Blutalkoholkonzentration von weniger als 1,6 Promille aufwies, aber trotz einer BAK von 1,1 Promille oder mehr keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen festgestellt wurden (VG Bayreuth DAR 2023, 286).
b) Cannabis
Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kfz, wer bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis den Konsum und das Fahren nicht voneinander trennen kann. Bei gelegentlichem Cannabiskonsum stellt erst eine Verkehrsteilnahme mit einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr eine Tatsache i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 3 FeV dar, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und zur Überprüfung der Fähigkeit und Bereitschaft, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kfz zu trennen, mittels MPU berechtigt. Das Zurückbleiben der nachgewiesenen Konzentration hinter dem Grenzwert von 1,0 ng/ml kann nicht durch den Hinweis auf festgestellte Ausfallerscheinungen ausgeglichen werden, um gleichwohl vom Vorliegen einer Eignungsbedenken begründenden Tatsache auszugehen (OVG NRW NJW 2023, 935).
c) Sonstige Gründe für Eignungszweifel
Nach Nr. 6.3 der Anlage 4 zur FeV ist Eignung zum Führen von Kfz der Gruppe 1 nur in leichten Fällen der Parkinsonschen Krankheit und bei erfolgreicher Therapie gegeben. Ausgeprägte motorische Störungen sind grds. ein konkreter Hinweis darauf, dass möglicherweise schon ein fortgeschrittenes Stadium der Krankheit erreicht ist. Dies rechtfertigt die unmittelbare Anordnung eines Gutachtens. Die Eignung zum Führen von Kfz der Gruppe 2 ist grds. dauerhaft ausgeschlossen (BayVGH zfs 2023, 234; zu Schweigepflicht, Offenbarungsrecht oder Meldepflicht von Ärzten in diesem Zusammenhang Pießkalla, NZV 2023, 309). Ein Kraftfahrer ist jedenfalls dann zum Führen von Kfz ungeeignet, wenn er binnen eines Jahres mind. 174 Verkehrsordnungswidrigkeiten, davon mind. 159 Parkverstöße, begeht. Besonderes Gewicht gewinnen Parkverstöße, wenn sie vornehmlich im direkten Umfeld der Wohnung des Kraftfahrers stattgefunden haben (VG Berlin DAR 2023, 104 = zfs 2023, 56 = VRR 1/2023, 29 [Burhoff] = NZV 2023, 286 [Ternig] m. Bespr. Weber 402; Ternig, zfs 2023, 244).
d) Verfahrensfragen (insb. Gutachtenanordnung)
Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine fahreignungsrelevante psychische Erkrankung (hier: Depression) vor, kann die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen zur Abklärung der Eignungszweifel zur Vorlage eines ärztlichen Fachgutachtens auffordern. Wird das Gutachten trotz Hinweises auf § 11 Abs. 8 FeV nicht vorgelegt, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden (BayVGH NZV 2023, 413 [Pießkalla]). Eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Arzneimittelmissbrauchs nach Nr. 9.4 der Anlage 4 der FeV (hier: Medizinal-Cannabis) setzt voraus, dass die Fahrerlaubnisbehörde einen regelmäßig übermäßigen Gebrauch des psychoaktiv wirkenden Arzneimittels beweiskräftig belegen kann. Wird eine Fahrungeeignetheit festgestellt, so ist grds. von deren Fortbestand auszugehen, solange nicht vom Betroffenen der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung erbracht worden ist (VGH Baden-Württemberg NJW 2023, 465 = NZV 2023, 190 [Gail]). Wird die Beibringung einer MPU gegenüber einer Person angeordnet, die gelegentlich Cannabis konsumiert und gegen das Trennungsgebot verstoßen hat, ist es grds. nicht zu beanstanden, wenn die Begutachtungsstelle einen einzelnen Nachweis der Drogenfreiheit im Zeitpunkt der MPU fordert (VGH Baden-Württemberg zfs 2023, 534). Eine MPU kann nicht durch bloße Abstinenznachweise ersetzt werden, da eine Abstinenz nichts über deren Stabilität besagt (BayVGH DAR 2023, 523 m. Anm. Dronkovic).
Die Tatsache, dass ein Strafgericht anstelle einer in Betracht kommenden Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) ein Fahrverbot (§ 44 StGB) verhängt, ist regelmäßig nicht schon für sich genommen Ausdruck einer stillschweigenden Prüfung (und Bejahung) der Fahreignung, so dass nicht bereits deswegen eine Bindungswirkung entsteht (OVG Saarland VRR 9/2023, 24 [Deutscher]).
Die rechtskräftige Ahndung der zugrunde liegenden Ordnungswidrigkeiten ist, wie sich aus § 4 Abs. 2 S. 3 StVG ergibt, tatbestandliche Voraussetzung für das Entstehen von Punkten und damit für das Ergreifen von Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 S. 1 StVG. Dafür trägt die Fahrerlaubnisbehörde nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast. Den Eintragungen im Fahreignungsregister kommt keine Tatbestandswirkung in dem Sinn zu, dass Behörden und Gerichte an den vom KBA mitgeteilten Inhalt der Entscheidungen gebunden wären. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit einer Eintragung, muss dem daher nachgegangen werden und eine fehlerhafte Eintragung ggf. unberücksichtigt bleiben. Es obliegt dem Betroffenen i.d.R., substantiiert und unter An...