a) Schwebezustand bei Tod des Franchise-Nehmers
Das OLG München befasst sich in seinem Urt. v. 8.2.2023 (ZVertriebsR 2023, 259) mit der immer wiederkehrenden Frage, wer ein Franchise-Outlet zu führen hat, wenn der Franchise-Nehmer verstirbt und dann auch keine Entscheidung darüber getroffen worden ist, ob ggf. die Erben des Verstorbenen in den abgeschlossenen Franchise-Vertrag eintreten. Im ersten Ls. der Entscheidung heißt es dazu:
Zitat
„Enthalten Verträge keine Regelung hinsichtlich der Gestaltung des Geschäftsbetriebs für die Dauer eines Schwebezustands, sind die Lücken nach dem zu füllen, was die damaligen Vertragspartner redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen diese Problematik bewusst gewesen wäre.”
In dem Urteil ging es um vier Franchise-Restaurants; Franchise-Geber und die Erbin des verstorbenen Franchise-Nehmers, die durch Erbschein ausgewiesen wurde, stritten über die Frage, ob die Erbin wirksam in die Franchise-Verträge eingetreten ist oder zumindest ein Anspruch gegen den beklagten Franchise-Geber auf Zustimmung zum Eintritt hat oder ob die Franchise-Verträge zwischenzeitlich wirksam beendet worden sind bzw. in der Zwischenzeit die Franchise-Restaurants durch den Franchise-Geber kommissarisch geführt werden können.
Im Rahmen des Franchise-Vertrags war zwischen dem Erblasser und dem Franchise-Geber ausdrücklich vereinbart worden, dass im Falle des Todes des Franchise-Nehmers die Leitung der Restaurants durch den Franchise-Geber übernommen wird, bis eine Entscheidung darüber feststeht, ob die Erben in den abgeschlossenen Franchise-Vertrag eintreten. Insofern war der Franchise-Geber nach der vertraglichen Regelung des Franchise-Vertrags auch verpflichtet, Franchise-Restaurants gegen Auslagenersatz und eine angemessene Entschädigung für die Rechnung des Erben zu führen.
b) Lückenhafte vertragliche Regelungen
Der abgeschlossene Franchise-Vertrag enthielt aber keine Regelung hinsichtlich der Gestaltung des Geschäftsbetriebs für die Dauer dieses (erheblich bedingten) Schwebezustands und war insofern lückenhaft.
Nach Ansicht des OLG München ist die Lücke nach dem zu füllen, was die damaligen Vertragspartner (also der Erblasser und der Franchise-Geber) redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen diese Problematik bewusst gewesen wäre. Der Franchise-Geber wäre naturgemäß an der Beachtung der Systemstandards in den einzelnen Restaurants interessiert gewesen. Der Erblasser hätte sich redlicherweise hierauf eingelassen, da ihm im Zweifel an einer dauerhaften gedeihlichen Zusammenarbeit seiner Erben mit dem Franchise-Geber gelegen sein dürfte. Insofern kommt das OLG München im Wege dieser Vertragsauslegung zu dem Ergebnis, dass die Vertragsparteien insoweit die Geltung des Franchise-Vertrags für die Dauer des Schwebezustands vereinbart hätten.
c) Notwendigkeit einer vertraglichen Regelung
Somit muss bei der Gestaltung eines Franchise-Vertrags darauf geachtet werden, dass Regelungen für den Schwebezustand getroffen werden, d.h. für die Phase, wenn der Franchise-Nehmer verstirbt und noch Verhandlungen und Gespräche mit dem Franchise-Geber darüber laufen, ob die Erben in den abgeschlossenen Franchise-Vertrag eintreten können. Während dieser Zeit muss der Franchise-Geber das Recht haben, das Franchise-Outlet auf Rechnung der Erben zu führen, allerdings gegen eine angemessene Aufwandsentschädigung. Nur dann ist sichergestellt, dass das Franchise-Outlet auch weiterhin erfolgreich betrieben werden kann, da eine Schließung des Franchise-Outlets während der Dauer dieses Schwebezustands nur dazu führt, dass Kunden verlorengehen und möglicherweise die Fortführung des Franchise-Outlets wirtschaftlich keinen Sinn mehr macht.