a) Unzulässigkeit einer Klage ohne vorherige Durchführung und Beendigung einer Schlichtung
Immer wieder finden sich in Franchise-Verträgen einseitige Schlichtungsklauseln zugunsten des Franchise-Gebers. Mit einer solchen Klausel hatte sich das LG Darmstadt in seinem Urt. v. 25.5.2023 (7 O 8/22, ZVertriebsR 2023, 252) zu befassen. Dieses hält im Leitsatz seiner Entscheidung fest:
Zitat
„Die in einem Franchise-Vertrag vorgesehene einseitige Ausnahme zugunsten eines Franchise-Gebers von der Durchführung eines Verfahrens zur außergerichtlichen Streitbeilegung für die Geltendmachung vertraglicher Zahlungsansprüche stellt eine unangemessene Benachteiligung des Franchise-Nehmers gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.”
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Franchise-Vertrag enthielt in § 22 einen sog. dilatorischen Klageverzicht, d.h. eine Klage vor den ordentlichen Gerichten konnte bei Streitigkeiten zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer für beide Seiten erst dann rechtshängig gemacht werden, wenn ein Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung nicht nur durchgeführt, sondern auch beendet worden war. Derartige Klauseln sind, worauf das LG Darmstadt zu Recht hinweist, zwischen Unternehmen ohne Weiteres zulässig, und zwar auch in Gestalt von AGB (s. insoweit auch BGH, Urt. v. 18.11.1998 – VIII ZR 344/97, NJW 1999, 647; Unberath, NJW 2011, 1320 f.).
Wird dann die Klage ohne Durchführung einer Schlichtung erhoben, kann die beklagte Partei sich ausdrücklich auf die unterbliebene Schlichtung berufen und die Unzulässigkeit der erhobenen Klage rügen.
b) Eindeutigkeit der vertraglichen Regelung
Wird im Rahmen eines Franchise-Vertrags ausdrücklich vereinbart, dass vor einer Klageerhebung – egal ob durch den Franchise-Geber oder Franchise-Nehmer – ein Schlichtungsverfahren nicht nur durchgeführt, sondern auch abgeschlossen sein muss, so steht diese Schlichtungsklausel einer Klageerhebung vor Durchführung und Beendigung der Schlichtung entgegen. Die erhobene Klage ist unzulässig.
Eine solche Klausel kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass während des laufenden Rechtsstreits die nach dem Franchise-Vertrag vorgesehene Schlichtung nachgeholt werden kann. Sieht also die vertragliche Regelung ausdrücklich vor, dass die Schlichtung vor Anrufung des Gerichts zu erfolgen hat, schließt dies eine nachträgliche Heilung aus. Zurecht weist das LG Darmstadt darauf hin, dass in § 15a EGZPO ausdrücklich festgelegt ist, dass die Nachholung der Schlichtung während des laufenden Rechtsstreits die Unzulässigkeit einer verfrüht erhobenen Klage nicht heilt (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 23.11.2004 – VI ZR 336/03, NJW 2005, 437).
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass möglicherweise kein Erfolg für die unterbliebene Schlichtung besteht. Zum einen wäre in einem solchen Fall auf jeden Fall die Schlichtung als solche einzuleiten. Zum anderen kann nicht eingewandt werden, dass wegen der Erfolglosigkeit der Schlichtung die Rüge der Unzulässigkeit der Schiedsklage als rechtsmissbräuchlich angesehen wird.
c) Vertragliche Regelung
Wenn also im Rahmen eines Franchise-Vertrags eine Schlichtungsklausel als dilatorischer Klageverzicht anzusehen ist, so muss dies auch ausdrücklich vereinbart werden.
Eine solche Regelung könnte folgenden Wortlaut haben:
Formulierungsbeispiel:
„1. Streitigkeiten über gegenseitige Rechte und Pflichten aus dem Franchise-Vertrag sind grds. unter Berücksichtigung des Schutzes der Identität und Integrität des Franchise-Systems im Hinblick auf ihre Auswirkungen und auf den Erfolg des Franchise-Systems einvernehmlich zwischen Franchise-Nehmer und Franchise-Geber sowie Franchise-Nehmern untereinander zu regeln.
2. Können sich die Vertragsparteien nicht einigen, unternehmen sie einen Schlichtungsversuch und bitten einen Schlichterausschuss um einen Schlichtungsvorschlag. Der Ausschluss wird aus drei Mitgliedern des Franchise-Systems oder dem System nahestehenden Dritten gebildet, von denen einer Franchise-Nehmer und einer Mitarbeiter des Franchise-Gebers sein muss. Das dritte Mitglied des Ausschusses wird einvernehmlich bestimmt, wobei bei Meinungsverschiedenheiten der Franchise-Geber die Entscheidung hat.
3. Die Beschreitung des Rechtswegs ist erst nach Ausschöpfung dieser außergerichtlichen Einigungsmöglichkeit und damit festgestelltem Scheitern der Schlichtung zulässig.
4. Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes und/oder der gerichtlichen Beweissicherung werden durch die Regelungen der Nrn. 1–3 auch vor Erschöpfung der außergerichtlichen Einigungsmöglichkeiten nicht ausgeschlossen.”
Um zu verhindern, dass sich das Schlichtungsverfahren dann über einen nicht überschaubaren Zeitraum hinzieht, kann auch noch festgelegt werden, dass die Schlichtung innerhalb von zwei Monaten durchgeführt sein muss. Kommt während dieser Zeit keine Einigung im Rahmen der Schlichtung zustande, so gilt die Schlichtung als gescheitert. Von diesem Zeitpunkt an gilt dann der dilatorische Klageverzicht nicht mehr, sodass die dann erhobene Klage nicht unzulässig ist.