Vertreten werden muss der Angeklagte durch einen „Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht”.
Hinweis:
Aus der Formulierung „Verteidiger” folgt, dass Vertreter des ausgebliebenen Angeklagten also nicht jeder Dritte sein kann und auch nicht ein als Beistand in der Berufungshauptverhandlung nach § 149 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 StPO zugelassener Ehegatte, Lebenspartner oder gesetzlicher Vertreter eines Angeklagten oder ein nach § 69 Abs. 1 JGG durch das Gericht bestellter Beistand für einen jugendlichen Angeklagten (BT-Drucks 18/3562, S. 6).
Vertreter kann nach § 329 Abs. 1 S. 1 StPO nur derjenige sein, den der Angeklagte nach § 138 Abs. 1, 2 StPO auch als Verteidiger wählen kann (dazu Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 10. Aufl. 2025, Rn 5111 ff. [im Folgenden kurz: Burhoff, EV]). Dieser muss mit einer sog. Vertretungsvollmacht ausgestattet sein (wegen der Einzelheiten zur Vertretungsvollmacht Burhoff, HV, Rn 3908 ff., 3923 ff.; u.a. KG, Beschl. v. 12.6.2013 – 3 Ws (B) 202/13, StRR 2014, 38; OLG Bamberg, Beschl. v. 29.5.2006 – 3 Ss OWi 430/06, NJW 2007, 1477 [Ls.]; Beschl. v. 13.9.2011 – 2 Ss OWi 543/11, VRR 2011, 472; OLG Celle, Beschl. v. 6.10.2010 – 311 SsRs 113/10, DAR 2010, 708; Beschl. v. 18.1.2021 – 2 Ss 119/20, NStZ 2021, 764; OLG Hamm, Beschl. v. 16.8.2006 – 2 Ss OWi 348/06, StraFo 2006, 425; OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.12.2020 – 2 Ss-OWi 1347/20, NStZ-RR 2021, 83; Meyer-Lohkamp/Venn, StraFo 2009, 265, 268; Dierbach, StraFo 2019, 50), die dem Gericht bei Beginn der Hauptverhandlung vorliegen muss (OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.8.2011 – 1 Ws 133/11, wistra 2012, 43; OLG Koblenz, Urt. v. 18.5.1972 – 1 Ss 89/72, MDR 1972, 801; OLG Köln, MDR 1964, 435). Die gewöhnliche Verteidigervollmacht ist nicht ausreichend (u.a. OLG Bamberg, a.a.O.; OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.), die Vertretungsvollmacht kann aber zusammen mit der Verteidigervollmacht erteilt werden (BGH, Beschl. v. 20.9.1956 – 4 StR 287/56, BGHSt 9, 356). Aus dieser Vollmacht muss klar hervorgehen, dass der Verteidiger zur Vertretung des Angeklagten befugt ist. Nicht erforderlich ist eine Vollmacht „zur Vertretung des Angeklagten” in dessen Abwesenheit (BGH, a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, § 234 Rn 5 m.w.N.; wegen der Einzelheiten zum Verteidiger und zur Vollmacht des Verteidigers Burhoff, HV, Rn 3923 ff.).
Das gilt auch für den erschienenen Pflichtverteidiger. Die diesem ggf. zuvor als Wahlverteidiger erteilte Vertretungsvollmacht ist mit der Bestellung zum Pflichtverteidiger erloschen (BGH, Beschl. v. 8.11.1990 – 4 StR 457/90, NStZ 1991, 94; u.a. BayObLG, Beschl. v. 9.10.2020 – 202 StRR 94/20; OLG Celle, Beschl. v. 20.2.2020 – 2 Ws 35/20, RVGreport 2020, 194; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.2.2012 – III-2 RVs 11/12, StV 2013, 299; OLG Hamburg, Beschl. v. 26.11.2019 – 2 Rev 41/19, StV 2020, 159 [Ls.]; OLG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2021 – 2 Ws 52/21, StV 2022, 141 [Ls.]; OLG Hamm, Beschl. v. 3.4.2014 – 5 RVs 11/14, zfs 2014, 470; OLG Köln, Beschl. v. 12.6.2018 – 1 RVs 107/18, StraFo 2019, 21 m.w.N.; Spitzer, StV 2016, 48, 49).
Der Verteidiger muss mit einer schriftlichen Vertretungsvollmacht des Angeklagten ausgestattet sein und diese vorweisen bzw. diese muss „nachgewiesen” sein (BT-Drucks 18/9416, S. 70; vgl. KG, Beschl. v. 16.5.2014 – (4) 161 Ss 71/14 (106/14), StRR 2015, 64 m. Anm. Hanschke zugleich auch zu den Anforderungen an die Revision; OLG Hamburg, Beschl. v. 25.7.2017 – 1 Rev 37/17, StV 2018, 151 [Ls.]; OLG Jena, Beschl. v. 2.2.2021 – 1 OLG 331 Ss 83/20; OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2017 – 1 RVs 15/17, StraFo 2017, 237). Zum Nachweis der Vertretungsvollmacht durch ein elektronisches Dokument muss dieses qualifiziert signiert oder auf einem der in § 32a Abs. 4 StPO genannten sicheren Übermittlungswege übermittelt worden sein (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 18.11.2020 – 2 Rv 21 Ss 483/20, NStZ-RR 2021, 56). Allerdings kann die Vorlage des Ausdrucks einer dem Verteidiger vom Angeklagten als Bilddatei übermittelten Vollmacht ausreichen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.4.2021 – 2 Ws 73/21, NStZ-RR 2021, 184). Bei der Beantwortung der Frage, ob die Vertretungsmacht des Verteidigers i.S.d. § 329 Abs. 2 StPO „nachgewiesen” ist, darf letztlich aber nicht aus dem Blick geraten, dass – jedenfalls dann, wenn nur der Angeklagte Berufung eingelegt hat – die Alternative zu dessen Vertretung in der Berufungshauptverhandlung in der umstandslosen Verwerfung seines Rechtsmittels besteht (so zutreffend OLG Köln, Beschl. v. 9.7.2021 – 1 RVs 121/21, NStZ 2024, 248).
Nach h.M. genügte nach der Rspr. zu § 329 StPO a.F. eine vom Verteidiger selbst aufgrund mündlicher Ermächtigung seines Mandanten unterzeichnete Vollmacht. Daran hat die Rspr. zur Neuregelung (unter Hinweis auf die BT-Drucks 18/3562, S. 67) nicht festgehalten (vgl. KG, Beschl. v. 23.11.2017 – (4) 161 Ss 158/17, StraFo 2018, 71; OLG Hamburg, Beschl. v. 25.7.2017 – 1 Rev 37/17, StV 2018, 151 [Ls.] m. Anm. Burhoff, StRR 9/2017, 13; s. auch Spitzer, StV 2016, 48, 49). Die Vollmacht k...